Mittwoch, 24. Oktober 2007
Nusrat Fateh Ali Khan - der schwergewichtige pakistanische Qawaali-Sänger ist bereits seit 10 Jahren tot. Jetzt hat der in London lebende DJ und Produzent Gaudi die Erlaubnis bekommen, mit alten bisher unveröffentlichten Tonspuren von Nusrat Fateh Ali Khan zu experimentieren. Herausgekommen ist ein Album, welches konsequent die bisherigen Fusionen von Khan mit westlicher Populärmusik weiterführt.

Peter Gabriels RealWorld Label "entdeckte" Nusrat Fateh Ali Khan und veröffentlichte diverse CDs. Doch für unsere westlichen Hörgewohnheiten ist der archaisch instrumentierte (Harmonium, Tabla und Klatschen) und immer wiederkehrende trancehafte Gesang ziemlich harte Kost. So waren die Platten eher etwas für Liebhaber von spirituell-inspirierender Musik, auch wenn die stimmlichen Fähigkeiten Nusrat Fateh Ali Khans hierzulande hoch gelobt ("... who is said by many to have the world's best voice" Rolling Stone) wurden.

1990 erscheint das Album "Mustt Mustt" - die traditionelle Songstruktur und spartanische Instrumentierung ist zwar größtenteils beibehalten, wird aber vielfach dezent unterstützt durch anderere Instrumente wie Gitarre; Bass und Synthiesizer. Verantwortlich für diese "Öffnung" ist der kanadische Gitarrist Michael Brook, der das Album gemeinsam mit Nusrat Fateh Ali Khan aufnimmt. Und dann gibt es auf der Platte als Zugabe einen Remix des Songs "Mustt Mustt" von Massive Attack, der die Grenzen von Tradition und Moderne gekonnt verwischt und erstmals aufzeigt, wie man Klänge des indischen Subkontinents in die Clubs der westlichen Metropolen bringen kann.

1995 kommt dann "Night Songs" auf den Markt, die zweite Coproduktion von Nusrat Fateh Ali Khan und Michael Brook. Dabei wird der auf dem ersten Album eingeschlagene Weg konsequent fortgeführt. Statt Harmonium, Tabla und rhythmischem Klatschen dominieren nun Drums, Keyboards und insbesondere die von Michael Brook erfundene "unendliche Gitarre" die musikalische Begleitung. Die neue Instrumentierung macht die Musik insgesamt harmonischer und erlaubt es Nusrat Fateh Ali Khan, noch stärkeres Gewicht auf seine unnachahmliche Stimme zu legen

Jetzt, zehn Jahre nach dem Tod Nusrat Fateh Ali Khans, geht Gaudi noch einen Schritt weiter. Er entfernt komplett den bisherigen musikalischen Background und fügt die Stimme des Pakistaners in ein neues Umfeld ein. Da reihen sich opulente Hindusounds an relaxtem Reggae und dazwischen hört man Remeniszensen an "Das Modell" von Krfatwerk. Das ist perfekt gemacht, man hat nie das Gefühl, dass hier etwas künstlich zusammengesetzt wurde - der Gesang harmoniert gut mit den nie überladenen dubbigen Sounds.

Eine wirklich außergewöhnliche CD, die mit ihrem relaxten Sound und der begnadeten Stimme Nusrat Fateh Ali Khans ideal in die Tristesse des Herbstes passt.

Allerdings erzeugt mir bei aller Begeisterung die CD auch ein wenig Unbehagen. Werden hier musikalische Traditionen für einen neuen globalen Sound geplündert und wenn ja, ist das verwerflich?

Aber darüber mach ich mir hier ein anderes Mal Gedanken......


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"Der Mathematiker Shanks hat sein Leben damit verbracht, etwa 700 Stellen von Pi zu berechnen. Er hat eine Stelle in 14 Tagen geschafft. Blöderweise machte er an einer Stelle einen Fehler. Und ab da war alles falsch. Das kam zum Glück erst nach seinem Tod raus."

Schönes Interview mit dem Mathematiker Albrecht Beutelspacher über die Erotik der Mathematik in der Welt