Bin ich froh, dieses Stöckchen endlich verarbeitet zu haben.......
Anfangs sah alles ganz einfach aus - die 15 Platten waren schnell gefunden und die ersten Zeilen formuliert - da fiel mir plötzlich zu meinem Entsetzen auf, dass ich Ursache und Wirkung verwechselt hatte. Statt 15 Platten, die mein Leben veränderten, hatte ich 15 Platten gefunden, die da waren, als sich mein Leben veränderte. Das wäre zweifelsohne auch ein schönes Thema für eine vergnügliche Blogreise, aber eben nicht Thema dieses Stöckchens!
Also habe ich die Liste wieder gestrichen und eine neue aufgestellt - und dann fingen die Schwierigkeiten an. Zwar gibt es 6 oder 7 Platten, die für mich so bedeutend sind, dass sie unbedingt auf diese Liste gehören. Für die restlichen 8 Plätze gibt es aber dann mindestens 20 Kandidaten, die in meiner internen Rangliste etwa gleichwertig sind, so dass ich mich schwer schwer getan habe, aus diesem Pool noch einmal 13 Platten auszusortieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich leider keinen Zugang mehr zu meiner LP-Sammlung mehr habe und die "ersten" Musikjahre mühsam aus dem Gedächtnis kramen musste. Es kann also gut sein, dass mir in den nächsten Tagen irgendwann siedend heiß eine bestimmte Platte einfällt, die eigentlich unbedingt auf diese Liste gehört hätte.......
Aber genug gejammert - fangen wir an:
1. Electric Light Orchestra (ELO) - Out of the blue
Meine erste selbstgekaufte Platte. Ich glaube mich zu erinnern, dass die Tatsache, dass es sich bei "Out of the blue" um ein Doppelalbum handelt, ein wichtiges bzw. das ausschlaggebende Argument für den Kauf gerade dieser Platte gewesen ist. Ich habe die Platte lange geliebt und immer wieder gehört, auch als ich mich dann ganz anderen musikalischen Richtungen zugehörig fühlte. Und obwohl ich heute das Konzept der Band, Rockmusik mit klassischen Instrumenten zu unterlegen, für ziemlich bescheuert halte, funktioniert ihre Musik bei mir erstaunlicherweise immer noch. Ich hoffe, dass liegt an den sentimentalen Erinnerungen - oder sollte sich mein Musikgeschmack in Richtung Back to the Roots wandeln?....
2. Eloy - Ocean
Die Platte steht exemplarisch für eine ganze Reihe von LPs, die ich damals hörte. Wobei LP schon falsch ist - denn wir hörten die Musik auf selbst kopierten Musikkassetten, die ein Freund von seinem 6 oder 7 Jahre älteren Bruder aufgenommen bekam - die LP Cover habe ich nie zu sehen bekommen. Die MCs waren von TDK und wir kauften sie im 10-er Pack in kleinen Hifiläden, denn dort konnte man die praktischen Verpackungskartons (die ziemlich stabil waren) umsonst dazu bekommen. Wir kopierten unsere Kassetten von Kassetten, die irgend jemand von irgendwelchen anderen Kassetten kopiert hatte. Das Urheberrecht interessiert niemanden, nicht einmal die Plattenindustrie selber. Gute alte Zeit....
Zurück zu Eloy: Das war eine ganz neue musikalische Welt für uns - Musik, die man nicht im Radio hören konnte und die sich von den Charts bei Mal Sandocks "Diskothek im WDR" doch deutlich absetzte. Wir hörten Hawkwind, Pink Floyd, Klaus Schultze, Genesis, Grobschnitt - alles Zeugs mit gewissem elektronischen Einschlag - nicht, weil wir das gut fanden, sondern weil der große Bruder das gut fand und er lange Zeit die einzige Quelle war, die wir anzapfen konnten. Und weil der Bruder überhaupt nicht auf Beat und Rock stand, waren mir Bands wie die Stones oder The Who eher unbekannt und sagten mir musikalisch gar nichts....
3. Lene Lovich - Stateless
Mit dieser Platte habe ich mich von dem übergroßen musikalischen Einfluss meines Freundes (und seines "großen Bruders") emanzipiert. Ich weiß noch genau, wie ich ihm begeistert die Platte vorgespielt habe und er sich entsetzt und verständnislos abgedreht hat. Für mich war das neu und spannend - nicht diese 20 Minuten Songs mit ewig langen und exorbitant verspielten Soli, sondern ein kurzes und knackiges auf-den-Punkt-bringen in maximal 3 Minuten. Von da an waren die vergangenen musikalischen Erfahrungen "Jugendsünden" und landeten in den hinteren Ecken meiner Musiksammlung.
4. The Undertones - The Undertones
Ich glaube, dass ich diese Platte nie besessen habe. Und doch gehören The Undertones unbedingt auf diese Liste. Denn die Band steht für die zahlreichen Rockpalast-Nächte, die ich damals am Radio und Frenseher verfolgt und live auf Cassette mitgeschnitten habe. Auch wenn die Bandauswahl nicht immer hundertprozentig gelungen war, gab es immer wieder unerwartete Highlights wie The Blues Band, The Police, Little Steven oder Joe Jackson. Und natürlich The Undertones, die einfach ein geniales Konzert hinlegten. Schnörkellose harte Gitarren (war das schon Punk?) und diese eindringliche Stimme von Feargal Sharkey ergaben etwas ganz Neues und ungemein Aufregendes. Ich hörte die Kassette, bis sie in Fetzen flog (was leider viel zu schnell passierte) . Leider hatte die Platte von den Undertones, die ich mir dann irgendwann kaufte, nur wenig von dieser explodierenden Live-Ekstase im Rockpalast.
Jahre später las ich, dass der BBC-Musikguru John Peel den Song „Teenage Kicks“ von den Undertones als sein persönlichstes Lieblingslied bezeichnete und besorgte mir eine Best-of Zusammenstellung der Band. Und dieses Mal konnte ich wieder nachvollziehen, warum The Undertones einfach eine klasse Band waren, die extrem gute Musik gemacht haben - ich hatte wohl damals nur die falsche Platte erwischt....
5. BAP - Affjetaut
Wenn man zu Beginn der achtziger Jahre in Köln (bzw. im Umland) gewohnt hat und sich für Musik interessierte, kam man irgendwann an BAP nicht mehr vorbei. Gradmesser für die eigene musikalische Kompetenz war der Zeitpunkt des Entdeckens der Band und des Sich-Abwendens aufgrund mangelhafter musikalischer Qualitäten. Um wirklich anerkannt zu sein, musste man das erste Album "BAP rockt andere kölsche Leeder" besitzen und erkannt haben, dass die Band spätestens bei "Vun drinne noh drusse" - besser noch auf "Für Usszeschnigge" - sich musikalisch schon verbraucht hatte, zu kommerziell wurde und nicht mehr authentisch war.....
Ich habe der Band etwas länger die Treue gehalten, aber irgendwann ging mir die "ich bin der kölsche Bob Dylan"-Tour von Wolfgang Niedecken ziemlich auf den Senkel - und auch musikalisch hatten wir uns dann auseinander gelebt.
Was BAP für mich damals auszeichnete, waren die deutschen(?) Texte. Ich habe mir nie die Mühe gemacht, irgendwelche englischen Texte ins Deutsche zu übersetzen und es immer akzeptiert, dass ich die Botschaften vieler Lieder nicht verstehe. Mit BAP eröffnete sich mir plötzlich die Möglichkeit, Songs auch textlich zu verstehen - und das was BAP da sangen, unterschied sich oft wohltuend von den Herz-Schmerz-Abhandlungen der deutschen Schlagerfuzzies.
Und live waren BAP damals der absolute Kracher. Das erste Mal habe ich sie im Leverkusener Forum (einer absoluten Horrorspielstätte) im Rahmen einer DGB-Jugendtagung gesehen - und war danach dermaßen angefixt und begeistert, dass ich Tage und Wochen danach nur noch BAP gehört habe. Damals war BAP noch keine große Nummer im Showgeschäft und für die meisten Besucher war es das kulturelle Beiprogramm ihrer Tagung, aber was die Band da gespielt hat, war vom Allerfeinsten. Höhepunkt (daran erinnere ich mich noch genau) war eine irre lange Coverversion von Smokies "Living next door to Alice" mit Klaus Heuser, der aus Leverkusen kam und gerade bei BAP eingestiegen war.
6. Fehlfarben - Monarchie und Alltag
Klar, dass auch mich die Neue Deutsche Welle damals nachhaltig beeinflusst hat. Aber es waren weniger die klassischen "Ich will Spass" - NDW-Bands, sondern eher die Gruppen, die eine gewisse Aggressivität und Wut in ihre Musik steckten. Fehlfarben, Ideal und Trio hießen die Interpreten, die damals den Soundtrack meines Lebens schrieben. Später dann auch Deutschpunkbands wie Daily Terror oder Slime, die das aussprachen, was ich dachte. Ich war gefangen in einer unglücklich machenden Lehre, sah mein Leben nutzlos vorüberziehen und hatte nicht den Mut, aus diesem unglückseligen Kreis auszubrechen. So konnte ich wenigstens musikalisch vom Ausbruch träumen.......
7. Talking Heads - Stop making sense
Eigentlich war Stop making sense keine Platte, die man gut finden konnte. Sänger und Band sahen mit Popperfrisur und Anzügen scheisse aus und diese nur auf Tanzfläche gemachte Musik musste abgelehnt werden. Aber da war etwas in der Musik, dem man sich nicht entziehen konnte und das einen mitriss - da war es dann auch egal, dass die Platte ein kommerzieller Erfolg wurde und man doch wusste, dass Qualität und kommerzieller Erfolg sich ausschließen....
8. Specials - Specials
Ich weiß nicht mehr, wann ich diese Platte gekauft habe und ich kann auch nicht behaupten, dass die Platte damals einen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht hat. Denn in meiner damals schon recht umfangreichen Plattensammlung gab es nur diese eine Platte von den Specials und auch nur ganz wenige andere Skaplatten. Und doch hat mich diese Platte immer wieder begleitet - sie ist eine der wenigen Produktionen, die den Wechsel von LP zu CD überstanden haben und heute immer noch von mir gehört werden. Was wahrscheinlich daran liegt, dass Titel wie "Monkey Man", "Enjoy yourself" oder "Gangsters" einfach ziemlich gute Songs sind.....
(In der Vorauswahl zu dieser Liste gehörte lange Zeit die CD "Reggae greats" von Linton Kwesi Johnson - zu der ich genau denselben Text hätte schreiben können - wenn auch mit anderen Titelbeispielen....)
9. Dissidenten - Sahara Elektrik
Die Platte spiegelt meinen ersten Kontakt mit Weltmusik wieder. Leider (das Alter!) kann ich mich nicht mehr erinnern, durch welche Platte ich die Musikrichtung für mich entdeckte - aber wahrscheinlich war es eine Platte von den Dissidenten. So kam es, dass ich anfangs ausschließlich von nordafrikanisch geprägter Musik fasziniert war - neben den Dissidenten hatte ich auch Carte de Sejour für mich entdeckt, die damals gemeinsam mit den Dissidenten im Rahmen einer Antirassismus-Kampagne durch Deutschland tourten. Bei denen hieß der Frontmann Rachid Taha und der war schon damals eine häufig mit Drogen und Alkohol vollgepumpte geniale Diva.....
Später habe ich dann beim Buch- und Plattenladen "zweitausendeins" in einer seiner Ramschaktionen auch zwei Pakete mit Weltmusikplatten aus anderen Gegenden erstanden und die Platten rauf- und runtergehört. Das war Musik, die einfach und kompliziert zugleich war und sich von dem, was ich sonst so hörte, komplett unterschied. Im Nachhinein betrachtet war da auch verdammt viel Mist dabei - aber der Virus war eingedrungen und wartete nur darauf, endgültig auszubrechen.....
10. Massive Attack - Protection
Eigentlich kann man die Platte alleine nicht stehen lassen - Trickys "Maxinquaye" und "Dummy" von Portishead waren mindestens in gleicher Weise dafür verantwortlich, dass ich meine erste "Weltmusikphase" abschloss und mich wieder der anglo-amerikanischen Popmusik zuwendete. Doch für diesen musikalischen Wechsel hatten die Trip-Hop Pioniere einige gute Argumente.
Leider gab es in der Folgezeit viele Nachahmer, die ziemlich gehypt wurden, aber oftmals nur über eine bescheidene musikalische Qualität verfügten. Auch ging mir dieses ewig Düstere (gerade bei Tricky musste man ja aufpassen, dass man sich nicht nach dem "Genuss" seiner Platten eine Kugel in den Kopf jagte) dann irgendwann gehörig auf die Nerven, so dass ich mich nach einigen kurzen Ausflügen in andere Musikrichtungen wieder reumütig zum Worldbeat zurückkehrte.
11. 99 Posse - Curre curre guaglio
Der einzige Cassettenkauf im meinem Leben. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Cassette gekauft habe und wie ich 99 Posse für mich entdeckt habe - ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich die Cassette in irgendeinem Schaufenster eines Provinzlädchens irgendwo in Italien entdeckt hatte und unbedingt haben wollte. Die Platte gab es dort nicht als LP und einen CD-Player hatte ich noch nicht (und wollte damals auch nie einen haben) - also blieb nur der Kauf der schon damals anachronistischen MC.
Wahrscheinlich hätte Platte und Band gar keinen so großen Einfluss auf mein Leben gehabt, wäre da nicht der Titelsong. Dieser minimalistische Raggabeat ohne große Schnörkel haute mich sprichwörtlich aus den Schuhen und wäre auch auch heute noch in meiner Liste der 10 besten Songs zu finden.
12. Almamegretta - Sanacore
Als 1Live noch WDR 1 hieß, war das mein Lieblingssender. Gerade in den frühen Abendstunden lief dort Musik, mit der man sich auseinandersetzen musste. Nicht so ein Dudelfunk wie heute, der angenehm im Hintergrund plätschern soll und die Ohren mit den immer wieder gleichen "Evergreens" verstopft. Stattdessen gab es eine Musikauswahl, die immer zwischen genial und grottig wechselte - man rannte ständig zum Radio, um es entweder laut aufzudrehen oder ganz leise zu stellen, damit man gerade so eben mitbekam, wann der Schrottsong endlich wieder von einem Knaller angelöst wird. Unter anderem gab es auch immer wieder irgendwelche halbstündige Specials zu bestimmten Themen. Und in einem dieser Specials über die italienische Rockszene wurde die neapolitanische Band "Almamegretta" vorgestellt und zwei Titel gespielt - das Massive Attack - Cover "Karmakoma" und "Figli di Annibale". Bei mir machte es 'peng' und ich wusste sofort, dass dies der Beginn einer wunderbaren Musikliebe werden würde. Doch wie im richtigen Leben mussten vorher einige Hürden überwunden werden. Denn "Internet-Download" war eine Zukunftsspinnerei und an Importplatten zu kommen, war fast unmöglich. Selbst ein Italienurlaub brachte keinen Erfolg, sämtliche Plattenläden auf Ischia, die ich finden konnte, kannten zwar die Band, hatten aber leider im Moment kein Album da ....
Doch irgendwann hatte ich den Plattenhändler meines Vertrauens so lange bequatscht, dass er sich von damaligen Label einige Platten zuschicken ließ - und ich endlich an meine erste Almamegretta CD kam. Die beiden o.g. Titel fehlten zwar auf der CD, aber diese Mischung aus Trip-Hop und neapolitanischer Folklore schien wie für mich geschaffen zu sein....
13. Manu Chao - Clandestino
Klar, dass diese Platte nicht fehlen darf. Wer wissen will warum, sollte sich meine gesammelten Blogeinträge von vorne bis hinten durchlesen......
14. Noir desir - Des Visages des Figures
Ähnlich wie bei 99 Posse ist es weniger die CD selber als vielmehr ein Lied aus der CD, welches mich schier umgehauen hat. Le vent nous portera gehört zu dem Besten, was Musiker zustande gebracht haben - eine eindringliche, aber einfache Melodie, die aber dennoch auch beim 400. Hören noch seinen Reiz entfacht. Und wenn ich heute noch einmal irgendwo Musik auflege, dann kommen immer bei diesem Lied irgendwelche Leute und wollen unbedingt wissen, was das denn für ein "geiles Teil" sei, was da eben zu hören war. Diese relaxte Melancholie, die dieser Song erzeugt, ist einmalig und wunderschön - vielleicht sogar der schönste Popsong ever......
Der Rest der Platte ist gut hörbar, aber ganz anders als dieser Song und wäre ohne „Le vent nous portera“ niemals auf diese Liste gekommen......
15. Werle und Stankowski – Your show
Zum Abschluss noch eine Platte von einer Band, die ich immer mal hier in diesen Blog einschmuggeln wollte, was sich aber aufgrund des doch sehr exotischen Musikstils nie ergeben hat. Das erste Mal sah ich Werle & Stankowski bei einem Festival in Köln, auf dem verschiedene Bands ihre eigenen Versionen zu alten Liedern der Edelweißpiraten präsentierten. "Von den Beatles inspirierter Singer/Songwriter trifft auf elektronischen Sound-Tüftler"- so oder so ähnlich lautete damals die Ankündigung des Moderators und löste in mir den Impuls aus, sofort nach meiner Jacke zu greifen und den nächstgelegensten Ausgang zu suchen. Doch der Ausgang war weit und der Saal voll und so scheiterte die überstürzte Flucht. Glücklicherweise, denn das, was da mein Ohr drang, entsprach zwar der Beschreibung des Moderators, war aber gar nicht so furchtbar - ganz im Gegenteil. Und so wurde ich zum heimlichen Fan des Duos mit dem ungewöhnlichen Sound. Heimlich deshalb, weil ich auch noch nicht die richtigen Worte gefunden habe (und es daher lieber bleiben lasse), die Musik von Werle und Stankowski beschreiben zu wollen.......
Anfangs sah alles ganz einfach aus - die 15 Platten waren schnell gefunden und die ersten Zeilen formuliert - da fiel mir plötzlich zu meinem Entsetzen auf, dass ich Ursache und Wirkung verwechselt hatte. Statt 15 Platten, die mein Leben veränderten, hatte ich 15 Platten gefunden, die da waren, als sich mein Leben veränderte. Das wäre zweifelsohne auch ein schönes Thema für eine vergnügliche Blogreise, aber eben nicht Thema dieses Stöckchens!
Also habe ich die Liste wieder gestrichen und eine neue aufgestellt - und dann fingen die Schwierigkeiten an. Zwar gibt es 6 oder 7 Platten, die für mich so bedeutend sind, dass sie unbedingt auf diese Liste gehören. Für die restlichen 8 Plätze gibt es aber dann mindestens 20 Kandidaten, die in meiner internen Rangliste etwa gleichwertig sind, so dass ich mich schwer schwer getan habe, aus diesem Pool noch einmal 13 Platten auszusortieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass ich leider keinen Zugang mehr zu meiner LP-Sammlung mehr habe und die "ersten" Musikjahre mühsam aus dem Gedächtnis kramen musste. Es kann also gut sein, dass mir in den nächsten Tagen irgendwann siedend heiß eine bestimmte Platte einfällt, die eigentlich unbedingt auf diese Liste gehört hätte.......
Aber genug gejammert - fangen wir an:
1. Electric Light Orchestra (ELO) - Out of the blue
Meine erste selbstgekaufte Platte. Ich glaube mich zu erinnern, dass die Tatsache, dass es sich bei "Out of the blue" um ein Doppelalbum handelt, ein wichtiges bzw. das ausschlaggebende Argument für den Kauf gerade dieser Platte gewesen ist. Ich habe die Platte lange geliebt und immer wieder gehört, auch als ich mich dann ganz anderen musikalischen Richtungen zugehörig fühlte. Und obwohl ich heute das Konzept der Band, Rockmusik mit klassischen Instrumenten zu unterlegen, für ziemlich bescheuert halte, funktioniert ihre Musik bei mir erstaunlicherweise immer noch. Ich hoffe, dass liegt an den sentimentalen Erinnerungen - oder sollte sich mein Musikgeschmack in Richtung Back to the Roots wandeln?....
2. Eloy - Ocean
Die Platte steht exemplarisch für eine ganze Reihe von LPs, die ich damals hörte. Wobei LP schon falsch ist - denn wir hörten die Musik auf selbst kopierten Musikkassetten, die ein Freund von seinem 6 oder 7 Jahre älteren Bruder aufgenommen bekam - die LP Cover habe ich nie zu sehen bekommen. Die MCs waren von TDK und wir kauften sie im 10-er Pack in kleinen Hifiläden, denn dort konnte man die praktischen Verpackungskartons (die ziemlich stabil waren) umsonst dazu bekommen. Wir kopierten unsere Kassetten von Kassetten, die irgend jemand von irgendwelchen anderen Kassetten kopiert hatte. Das Urheberrecht interessiert niemanden, nicht einmal die Plattenindustrie selber. Gute alte Zeit....
Zurück zu Eloy: Das war eine ganz neue musikalische Welt für uns - Musik, die man nicht im Radio hören konnte und die sich von den Charts bei Mal Sandocks "Diskothek im WDR" doch deutlich absetzte. Wir hörten Hawkwind, Pink Floyd, Klaus Schultze, Genesis, Grobschnitt - alles Zeugs mit gewissem elektronischen Einschlag - nicht, weil wir das gut fanden, sondern weil der große Bruder das gut fand und er lange Zeit die einzige Quelle war, die wir anzapfen konnten. Und weil der Bruder überhaupt nicht auf Beat und Rock stand, waren mir Bands wie die Stones oder The Who eher unbekannt und sagten mir musikalisch gar nichts....
3. Lene Lovich - Stateless
Mit dieser Platte habe ich mich von dem übergroßen musikalischen Einfluss meines Freundes (und seines "großen Bruders") emanzipiert. Ich weiß noch genau, wie ich ihm begeistert die Platte vorgespielt habe und er sich entsetzt und verständnislos abgedreht hat. Für mich war das neu und spannend - nicht diese 20 Minuten Songs mit ewig langen und exorbitant verspielten Soli, sondern ein kurzes und knackiges auf-den-Punkt-bringen in maximal 3 Minuten. Von da an waren die vergangenen musikalischen Erfahrungen "Jugendsünden" und landeten in den hinteren Ecken meiner Musiksammlung.
4. The Undertones - The Undertones
Ich glaube, dass ich diese Platte nie besessen habe. Und doch gehören The Undertones unbedingt auf diese Liste. Denn die Band steht für die zahlreichen Rockpalast-Nächte, die ich damals am Radio und Frenseher verfolgt und live auf Cassette mitgeschnitten habe. Auch wenn die Bandauswahl nicht immer hundertprozentig gelungen war, gab es immer wieder unerwartete Highlights wie The Blues Band, The Police, Little Steven oder Joe Jackson. Und natürlich The Undertones, die einfach ein geniales Konzert hinlegten. Schnörkellose harte Gitarren (war das schon Punk?) und diese eindringliche Stimme von Feargal Sharkey ergaben etwas ganz Neues und ungemein Aufregendes. Ich hörte die Kassette, bis sie in Fetzen flog (was leider viel zu schnell passierte) . Leider hatte die Platte von den Undertones, die ich mir dann irgendwann kaufte, nur wenig von dieser explodierenden Live-Ekstase im Rockpalast.
Jahre später las ich, dass der BBC-Musikguru John Peel den Song „Teenage Kicks“ von den Undertones als sein persönlichstes Lieblingslied bezeichnete und besorgte mir eine Best-of Zusammenstellung der Band. Und dieses Mal konnte ich wieder nachvollziehen, warum The Undertones einfach eine klasse Band waren, die extrem gute Musik gemacht haben - ich hatte wohl damals nur die falsche Platte erwischt....
5. BAP - Affjetaut
Wenn man zu Beginn der achtziger Jahre in Köln (bzw. im Umland) gewohnt hat und sich für Musik interessierte, kam man irgendwann an BAP nicht mehr vorbei. Gradmesser für die eigene musikalische Kompetenz war der Zeitpunkt des Entdeckens der Band und des Sich-Abwendens aufgrund mangelhafter musikalischer Qualitäten. Um wirklich anerkannt zu sein, musste man das erste Album "BAP rockt andere kölsche Leeder" besitzen und erkannt haben, dass die Band spätestens bei "Vun drinne noh drusse" - besser noch auf "Für Usszeschnigge" - sich musikalisch schon verbraucht hatte, zu kommerziell wurde und nicht mehr authentisch war.....
Ich habe der Band etwas länger die Treue gehalten, aber irgendwann ging mir die "ich bin der kölsche Bob Dylan"-Tour von Wolfgang Niedecken ziemlich auf den Senkel - und auch musikalisch hatten wir uns dann auseinander gelebt.
Was BAP für mich damals auszeichnete, waren die deutschen(?) Texte. Ich habe mir nie die Mühe gemacht, irgendwelche englischen Texte ins Deutsche zu übersetzen und es immer akzeptiert, dass ich die Botschaften vieler Lieder nicht verstehe. Mit BAP eröffnete sich mir plötzlich die Möglichkeit, Songs auch textlich zu verstehen - und das was BAP da sangen, unterschied sich oft wohltuend von den Herz-Schmerz-Abhandlungen der deutschen Schlagerfuzzies.
Und live waren BAP damals der absolute Kracher. Das erste Mal habe ich sie im Leverkusener Forum (einer absoluten Horrorspielstätte) im Rahmen einer DGB-Jugendtagung gesehen - und war danach dermaßen angefixt und begeistert, dass ich Tage und Wochen danach nur noch BAP gehört habe. Damals war BAP noch keine große Nummer im Showgeschäft und für die meisten Besucher war es das kulturelle Beiprogramm ihrer Tagung, aber was die Band da gespielt hat, war vom Allerfeinsten. Höhepunkt (daran erinnere ich mich noch genau) war eine irre lange Coverversion von Smokies "Living next door to Alice" mit Klaus Heuser, der aus Leverkusen kam und gerade bei BAP eingestiegen war.
6. Fehlfarben - Monarchie und Alltag
Klar, dass auch mich die Neue Deutsche Welle damals nachhaltig beeinflusst hat. Aber es waren weniger die klassischen "Ich will Spass" - NDW-Bands, sondern eher die Gruppen, die eine gewisse Aggressivität und Wut in ihre Musik steckten. Fehlfarben, Ideal und Trio hießen die Interpreten, die damals den Soundtrack meines Lebens schrieben. Später dann auch Deutschpunkbands wie Daily Terror oder Slime, die das aussprachen, was ich dachte. Ich war gefangen in einer unglücklich machenden Lehre, sah mein Leben nutzlos vorüberziehen und hatte nicht den Mut, aus diesem unglückseligen Kreis auszubrechen. So konnte ich wenigstens musikalisch vom Ausbruch träumen.......
7. Talking Heads - Stop making sense
Eigentlich war Stop making sense keine Platte, die man gut finden konnte. Sänger und Band sahen mit Popperfrisur und Anzügen scheisse aus und diese nur auf Tanzfläche gemachte Musik musste abgelehnt werden. Aber da war etwas in der Musik, dem man sich nicht entziehen konnte und das einen mitriss - da war es dann auch egal, dass die Platte ein kommerzieller Erfolg wurde und man doch wusste, dass Qualität und kommerzieller Erfolg sich ausschließen....
8. Specials - Specials
Ich weiß nicht mehr, wann ich diese Platte gekauft habe und ich kann auch nicht behaupten, dass die Platte damals einen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht hat. Denn in meiner damals schon recht umfangreichen Plattensammlung gab es nur diese eine Platte von den Specials und auch nur ganz wenige andere Skaplatten. Und doch hat mich diese Platte immer wieder begleitet - sie ist eine der wenigen Produktionen, die den Wechsel von LP zu CD überstanden haben und heute immer noch von mir gehört werden. Was wahrscheinlich daran liegt, dass Titel wie "Monkey Man", "Enjoy yourself" oder "Gangsters" einfach ziemlich gute Songs sind.....
(In der Vorauswahl zu dieser Liste gehörte lange Zeit die CD "Reggae greats" von Linton Kwesi Johnson - zu der ich genau denselben Text hätte schreiben können - wenn auch mit anderen Titelbeispielen....)
9. Dissidenten - Sahara Elektrik
Die Platte spiegelt meinen ersten Kontakt mit Weltmusik wieder. Leider (das Alter!) kann ich mich nicht mehr erinnern, durch welche Platte ich die Musikrichtung für mich entdeckte - aber wahrscheinlich war es eine Platte von den Dissidenten. So kam es, dass ich anfangs ausschließlich von nordafrikanisch geprägter Musik fasziniert war - neben den Dissidenten hatte ich auch Carte de Sejour für mich entdeckt, die damals gemeinsam mit den Dissidenten im Rahmen einer Antirassismus-Kampagne durch Deutschland tourten. Bei denen hieß der Frontmann Rachid Taha und der war schon damals eine häufig mit Drogen und Alkohol vollgepumpte geniale Diva.....
Später habe ich dann beim Buch- und Plattenladen "zweitausendeins" in einer seiner Ramschaktionen auch zwei Pakete mit Weltmusikplatten aus anderen Gegenden erstanden und die Platten rauf- und runtergehört. Das war Musik, die einfach und kompliziert zugleich war und sich von dem, was ich sonst so hörte, komplett unterschied. Im Nachhinein betrachtet war da auch verdammt viel Mist dabei - aber der Virus war eingedrungen und wartete nur darauf, endgültig auszubrechen.....
10. Massive Attack - Protection
Eigentlich kann man die Platte alleine nicht stehen lassen - Trickys "Maxinquaye" und "Dummy" von Portishead waren mindestens in gleicher Weise dafür verantwortlich, dass ich meine erste "Weltmusikphase" abschloss und mich wieder der anglo-amerikanischen Popmusik zuwendete. Doch für diesen musikalischen Wechsel hatten die Trip-Hop Pioniere einige gute Argumente.
Leider gab es in der Folgezeit viele Nachahmer, die ziemlich gehypt wurden, aber oftmals nur über eine bescheidene musikalische Qualität verfügten. Auch ging mir dieses ewig Düstere (gerade bei Tricky musste man ja aufpassen, dass man sich nicht nach dem "Genuss" seiner Platten eine Kugel in den Kopf jagte) dann irgendwann gehörig auf die Nerven, so dass ich mich nach einigen kurzen Ausflügen in andere Musikrichtungen wieder reumütig zum Worldbeat zurückkehrte.
11. 99 Posse - Curre curre guaglio
Der einzige Cassettenkauf im meinem Leben. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Cassette gekauft habe und wie ich 99 Posse für mich entdeckt habe - ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich die Cassette in irgendeinem Schaufenster eines Provinzlädchens irgendwo in Italien entdeckt hatte und unbedingt haben wollte. Die Platte gab es dort nicht als LP und einen CD-Player hatte ich noch nicht (und wollte damals auch nie einen haben) - also blieb nur der Kauf der schon damals anachronistischen MC.
Wahrscheinlich hätte Platte und Band gar keinen so großen Einfluss auf mein Leben gehabt, wäre da nicht der Titelsong. Dieser minimalistische Raggabeat ohne große Schnörkel haute mich sprichwörtlich aus den Schuhen und wäre auch auch heute noch in meiner Liste der 10 besten Songs zu finden.
12. Almamegretta - Sanacore
Als 1Live noch WDR 1 hieß, war das mein Lieblingssender. Gerade in den frühen Abendstunden lief dort Musik, mit der man sich auseinandersetzen musste. Nicht so ein Dudelfunk wie heute, der angenehm im Hintergrund plätschern soll und die Ohren mit den immer wieder gleichen "Evergreens" verstopft. Stattdessen gab es eine Musikauswahl, die immer zwischen genial und grottig wechselte - man rannte ständig zum Radio, um es entweder laut aufzudrehen oder ganz leise zu stellen, damit man gerade so eben mitbekam, wann der Schrottsong endlich wieder von einem Knaller angelöst wird. Unter anderem gab es auch immer wieder irgendwelche halbstündige Specials zu bestimmten Themen. Und in einem dieser Specials über die italienische Rockszene wurde die neapolitanische Band "Almamegretta" vorgestellt und zwei Titel gespielt - das Massive Attack - Cover "Karmakoma" und "Figli di Annibale". Bei mir machte es 'peng' und ich wusste sofort, dass dies der Beginn einer wunderbaren Musikliebe werden würde. Doch wie im richtigen Leben mussten vorher einige Hürden überwunden werden. Denn "Internet-Download" war eine Zukunftsspinnerei und an Importplatten zu kommen, war fast unmöglich. Selbst ein Italienurlaub brachte keinen Erfolg, sämtliche Plattenläden auf Ischia, die ich finden konnte, kannten zwar die Band, hatten aber leider im Moment kein Album da ....
Doch irgendwann hatte ich den Plattenhändler meines Vertrauens so lange bequatscht, dass er sich von damaligen Label einige Platten zuschicken ließ - und ich endlich an meine erste Almamegretta CD kam. Die beiden o.g. Titel fehlten zwar auf der CD, aber diese Mischung aus Trip-Hop und neapolitanischer Folklore schien wie für mich geschaffen zu sein....
13. Manu Chao - Clandestino
Klar, dass diese Platte nicht fehlen darf. Wer wissen will warum, sollte sich meine gesammelten Blogeinträge von vorne bis hinten durchlesen......
14. Noir desir - Des Visages des Figures
Ähnlich wie bei 99 Posse ist es weniger die CD selber als vielmehr ein Lied aus der CD, welches mich schier umgehauen hat. Le vent nous portera gehört zu dem Besten, was Musiker zustande gebracht haben - eine eindringliche, aber einfache Melodie, die aber dennoch auch beim 400. Hören noch seinen Reiz entfacht. Und wenn ich heute noch einmal irgendwo Musik auflege, dann kommen immer bei diesem Lied irgendwelche Leute und wollen unbedingt wissen, was das denn für ein "geiles Teil" sei, was da eben zu hören war. Diese relaxte Melancholie, die dieser Song erzeugt, ist einmalig und wunderschön - vielleicht sogar der schönste Popsong ever......
Der Rest der Platte ist gut hörbar, aber ganz anders als dieser Song und wäre ohne „Le vent nous portera“ niemals auf diese Liste gekommen......
15. Werle und Stankowski – Your show
Zum Abschluss noch eine Platte von einer Band, die ich immer mal hier in diesen Blog einschmuggeln wollte, was sich aber aufgrund des doch sehr exotischen Musikstils nie ergeben hat. Das erste Mal sah ich Werle & Stankowski bei einem Festival in Köln, auf dem verschiedene Bands ihre eigenen Versionen zu alten Liedern der Edelweißpiraten präsentierten. "Von den Beatles inspirierter Singer/Songwriter trifft auf elektronischen Sound-Tüftler"- so oder so ähnlich lautete damals die Ankündigung des Moderators und löste in mir den Impuls aus, sofort nach meiner Jacke zu greifen und den nächstgelegensten Ausgang zu suchen. Doch der Ausgang war weit und der Saal voll und so scheiterte die überstürzte Flucht. Glücklicherweise, denn das, was da mein Ohr drang, entsprach zwar der Beschreibung des Moderators, war aber gar nicht so furchtbar - ganz im Gegenteil. Und so wurde ich zum heimlichen Fan des Duos mit dem ungewöhnlichen Sound. Heimlich deshalb, weil ich auch noch nicht die richtigen Worte gefunden habe (und es daher lieber bleiben lasse), die Musik von Werle und Stankowski beschreiben zu wollen.......
"Ein Konzert, das damit endet, dass einer der Sänger nur noch mit Unterhose und Schuhe bekleidet über die Bühne springt, hat ganz offensichtlich einen hohen Spaß-Faktor."
.......auch Stephanie Gerlich war fasziniert von der ungewöhnlichen Performance des Sängers von Che Sudaka....
(Foto: Bossanostra [l'ammazzacolori] auf flickr)
.......auch Stephanie Gerlich war fasziniert von der ungewöhnlichen Performance des Sängers von Che Sudaka....
(Foto: Bossanostra [l'ammazzacolori] auf flickr)
ednett am 01. März 2009 | 0 Kommentare
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