Tagebuch eines ehrenamtlichen Konzertveranstalters
(auch wenn es jetzt schon einige Zeit her ist...)

Freitag 12.30 Uhr: Morgen ist es soweit. Die wunderbaren Ma Valise werden nach ihrem Debut vor ziemlich genau einem Jahr erneut im KAW aufspielen. Ich bin allen Widrigkeiten zum Trotz relativ optimistisch, ein gutes und stimmungsvolles Konzert erleben zu dürfen. Zwar ist der Termin (Pfingstsamstag) nicht optimal und aufgrund des Pokalendspiels mit Leverkusener Beteiligung wird der Zuschauerzustrom nicht ganz so üppig ausfallen wie er sein sollte. Aber die positiven bis euphorischen Zuschauerreaktionen beim letzten Mal sollten zumindest noch so viele Leute locken, dass wir finanziell im schlimmsten Fall mit einem blauen Auge davonkommen sollten.




Freitag 12.32 Uhr: Meine beiden Mitorganisatoren haben mich soeben darüber informiert, dass sie morgen nicht mithelfen können. Ich kann ihre Beweggründe zwar nachvollziehen, gerate aber erstmal kräftig in Panik....

Freitag 12.40 Uhr: Ich bin immer noch in Panik. Ich brauche dringend diverse Telefonnummern, erreiche aber niemanden, der die Nummern hat. Ich beschließe, erst einmal alle Probleme zu ignorieren und gehe weiter meiner regulären Arbeit nach.

Freitag 15.00 Uhr:
Die ersten Silberstreifen am Horizont - die Bühne samt Anlage kann heute abend schon aufgebaut werden und ich finde schnell drei Helfer, die beim Aufbau helfen werden. Vorher geht es für mich noch in den Supermarkt, um die nötigen Zutaten für das Bandcatering zu besorgen.

Freitag 21.30 Uhr: Die Anlage steht einigermaßen, aber es fehlen einige Kabel und mindestens zwei Monitorboxen, so dass wir nicht testen können, ob die Anlage überhaupt funktioniert. Ich beschließe den Abend jammernd mit zwei Flaschen Bier und einem ziemlich flauen Gefühl wegen Morgen, bis mir einfällt, dass ich eigentlich das vorgesehene Dessert hätte vorbereiten müssen, was sich aber angesichts der dritten Flasche Bier an meinem Hals inzwischen verbietet.....

Samstag 5.30 Uhr: Ich schleiche in meine Küche, vermische Eier und Zucker im Wasserbad, schlage Sahne und Eiweiß steif und hoffe, dass mein Nachbar unter mir noch in der Tiefschlafphase ist.

Samstag 8:00 Uhr: Ich hasse es, samstags arbeiten zum müssen und heute ganz besonders....

Samstag 12.00 Uhr: Ich versuche telefonisch, die fehlenden Anlagenteile zu besorgen, Das klappt auch ohne Probleme, allerdings erreiche ich den vorgesehenen Transporteur der Teile nur auf dem Anrufbeantworter. Die nächsten Stunden nagt ständig in meinem Hinterkopf die bange Frage, ob mein Boxenbote seinen Anrufbeantworter rechtzeitig abhört oder ob er angesichts des schönen Wetters spontan einen längeren Ausflug vorgenommen hat.

Samstag 14.45 Uhr: Endlich Feierabend. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und rase gen Leverkusen. Eigentlich müsste ich noch einige Telefonate führen, aber der Akku ist leer, also wird noch etwas schneller in die Pedalen getreten...

Samstag 16.30 Uhr: Ich bin zu Hause, habe die letzten Einkäufe getätigt. Jetzt noch eben duschen, umziehen, alles einpacken und dann auf ins KAW...

Samstag 17.30 Uhr: Endlich da.
Und oh Schreck - die Band ist auch schon da. Ich erwarte Ungeduld und Ärger, aber alles ist relaxt und entspannt. Der Mixer der Band bemüht sich mit einigen Helfern, aus der durchgenudelten Anlage noch einen akzeptablen Sound heraus zu holen. Und die Band jammt auf dem Vorplatz herum. Ich bin trotzdem hochgradig angespannt, aber die Helfer vom Vortag plus einige dazu Gekommene scheinen alle anfallenden Probleme in den Griff zu bekommen. Lediglich die geplante Übertragung des Pokalspiels vor dem Konzert per Beamer gestaltet sich schwierig, es fehlt wieder einmal irgendein Adapter - aber auch hier ist,jemand bereits unterwegs, um das fehlende Teil zu besorgen.

Samstag 19.00 Uhr:
Ich bin eigentlich überflüssig und stehe im Weg rum. Ma Valise machen ihren Soundcheck und brauchen mich nicht, die Theke ist besetzt und braucht mich nicht und es stehen genügend Leute am Beamer herum, um das verkackte Ding endlich ans Laufen zu kriegen. Ich gehe kochen......

Samstag 19.55 Uhr: Selbst das Kochen gestaltet sich weitgehend stressfrei- zumindest für mich. Auch hier fiundet sich Hilfe, so dass ich den Chefkoch raushängen lassen kann und entspannt dabei zusehe, wie das Bandessen entsteht. Plötzlich höre ich lautes Poltern im Treppenhaus und massenhaft Leute strömen in den Essensraum, in dem fatalerweise auch der einzige Fernseher steht. Ich bin ahnungslos, erfahre aber schnell, dass der Beamer immer noch nicht funktioniert, das Endspiel aber bereits begonnen hat. Die verzweifelten "Fans" strömen daher entweder in die nächste Kneipe oder in den Fernseh-Essensraum.

Samstag 20.40 Uhr: Keine gravierenden Änderung der Situation - der Beamer läuft nicht und alles hängt vor dem Fernseher - nur die Band, die inzwischen ihren Soundcheck beendet hat, irrt etwas orientierungslos durch die Räume auf der Suche nach dem versprochenen Abendessen. Doch dann ertönt endlich der erlösende Ausruf, dass die Übertragung per Beamer endlich funktioniert und die Band kann endlich Platz nehmen....

Samstag 21.00 Uhr: Wir haben uns richtig ins Zeug gelegt. Es gibt Reibekuchen, einen Rucola-Tomatensalat mit Schinken, Pilzen und Käse, anschließend Tagliatelle mit frischem Lachs oder einer Käse-Walnussauce und schließlich meinen 5.30 Uhr Ricotta-Mousse mit frischen Erdbeeren. Als ich mich in der Hoffnung auf etwas Entspannung zu der Band setze, taucht eine Journalistin der örtlichen Zeitung auf und will mit Infos versorgt werden....

Samstag 22.10 Uhr: Ich gehe nach unten in den Konzertraum und bin gespannt, was mich erwartet. Und mir fallen die letzten Steine vom Herzen - der Laden ist voll und die Leute trotz Niederlage scheinen alle wohlwollend gespannt zu sein. Dann geht es los - oder fast, denn irgendwas an der Lüftung muss noch gemacht werden, doch dann betreten Ma Valise die Bühne. Die nächsten 2 1/2 Stunden schwebe ich auf Wolke 7. Die Band gibt ein Konzert, welches das Publikum begeistert und die Stimmung des Publikums treibt die Jungs zu wahrer Höchstform (zumindest empfinde ich es so). Davon, dass die Band erst heute aus Frankreich angereist ist und teilweise schon seit 3 Uhr in der Nacht unterwegs sind, ist nichts zu spüren. Im Gegenteil.....

Sonntag 1.15 Uhr: Eigentlich sollte ich jetzt noch auflegen, aber ich merke schnell, dass ich dazu viel zu ausgepowert und fertig bin. Und so bin ich froh, dass sich Sänger und Lichtmischer der Band als HilfsDJ betätigen und ich wechsle meinen Arbeitsplatz von DJ-Pult zu Theke, die sonst zu verwaisen droht.

Sonntag 4.00 Uhr: Es leert sich....

Sonntag 5.30 Uhr: Feierabend - ich verfrachte die letzten Besucher ins Taxi, verabrede mich mit den letzten verbliebenen Bandmitgliedern zum morgigen Frühstück und fahre leicht trunken (vor Freude!) nach Hause..

Sonntag 9.00 Uhr:Etwas länger hätte ich gerne noch geschlafen, aber die Fritz-Cola, die ich gestern Abend literweise in mich reingeschüttet habe, lässt mich "topfit" aus dem Bett springen. Ich genieße den wunderschönen Sonntagmorgen auf der Terasse und die Huldigungen meines Nachbarn, der auch schon wach ist.

Sonntag 11.00 Uhr:
Ich fahre los zur Bäckerei, um Brötchen zu besorgen. Aber alle Bäckereine haben geschlossen (Pfingsten!) und ich gerate ein letztes Mal kurz in Panik, doch dann kommt die Erleuchtung - Tankstelle!!.

Sonntag 13.00 Uhr: Wir frühstücken mit Ma Valise, freuen uns gemeinsam über das wundervolle Konzert, verabschieden die Band und beseitigen die zahlreichen Spuren des gestrigen Abends. Gegen 21 Uhr bin endlich wieder zu Haus und schlafe sofort ein - mit einem seligen Lächeln

Montag 10.00 Uhr: Ich suche im Internet nach Bands, die ich gerne ins KAW holen möchte.......