Montag, 4. Oktober 2010
Ich muss zugeben, dass die neueste CD von Gogol Bordello von mir bisher noch nicht angemessen gewürdigt worden ist. Zwar liegt die Platte schon seit geraumer Zeit auf meinem (inzwischen dank mp3 nur noch virtuellen) Plattenstapel mit unbedingt noch zu hörenden CDs, aber immer wenn ich mir die Platte vornehmen wollte, kam etwas dazwischen. Sei es die neue Platten von Dubmatix, Tiken Jah Fakoly oder vielen anderen, oder seien es persönliche Dinge wie z.B. mein Urlaub - so richtig zum Durchhören bin ich bisher nie gekommen. So wäre die Platte auch fast in Vergessenheit geraten (wie findet man virtuelle Plattenstapel wieder?) - wenn nicht fast die gesamte deutsche Blogszene vor einigen Wochen auf das neue Video der Band hingewiesen und mich damit an eine meiner vielen unerledigten Aufgabe erinnert hätte.

So richtig durch bin ich mit dem Durchhören zwar immer noch nicht (wird aber noch) - als erstes Fazit bleibt mir aber immerhin die Erkenntnis, dass das bereits erwähnte Video ein wirklich würdiger Appetizer zum Album geworden ist. Denn "Immigraniada (We Comin' Rougher)" ist ein typischer Gogol Bordello-Titel und mit einer eindrucksvollen Bilderstory unterlegt. Es ist leider nur auf dem ersten Blick beruhigend und ab dem zweiten Nachdenken beängstigend, dass wir mit unserem Salonrassismus a la Sarazin nicht alleine stehen. Sarkozy mit seiner Roma-Ausweisungsorgie, die niederländische Regierung, die sich von Wilders tolerieren lässt, der wegen Volksverhetzung vor Gericht steht - von den regelmäßigen rassistischen Entgleisungen verschiedenster italienischer Lega-Politiker ganz zu schweigen. Und auch in den USA gibt es rassistische Tendenzen zu beklagen, wie z.B. das Arizona-Einwanderungsgesetz zeigt.

So ist der zornige Gesichtsausdruck von Eugene Hütz im Video eine schöne schauspielerische Leistung (mit dem Blick kann der Mann noch eine ganz große Karriere im Film hinlegen) - angesichts der gruseligen Realität, unter denen Einwanderer immer häufiger zu leiden haben, aber durchaus verständlich.

Zurück zur Musik: Eigentlich ist "Immigraniada (We Comin' Rougher)" ja eine Coverversion des Titels "Fievre De L'exil" welches sich auf der 2008 erschienenen CD "Miracle" der französischen Jungle-Punk-Band La Phaze befindet. Gastsänger damals: Eugen Hütz......


Gogol Bordello Homepage
Gogol Bordello auf myspace




Samstag, 11. September 2010
Ich nutze gerade einige freie Tage zu längst fälligen Besuchen - daher muss die Beschäftigung mit diesem Blog wieder mal auf Sparflamme laufen. Aber da das letztwöchige Video zum Wochenende schon ausgefallen ist, will ich wenigstens dieses Wochenende musikalisch begleiten.


Ich schreibe diesen Beitrag auf einem Eee-PC mit viel zu kleiner Tastatur - zumindest für meine Wurstfinger, denn jedes zweiten Wort muss ich nachträglich korrigieren, wenn sich wieder einmal unerwünschte Buchstaben unter die Finger gequetscht haben. Daher dauert das Erstellen dieses Beitrags noch länger als sonst - zumal ich weder auf meine gesammelten Lesezeichen als auch auf unvollendete textfragmente zurückgreifen kann.
Deshalb verzichte ich dieses Mal weitghend auf textliche Erklärungen und reiche diese alsbald nach.

Doch vorab zumindest soviel: Zu den spannendsten musikalischen Entdeckungen der jüngeren zeit gehört ohne Zweifel die "Nu Cumbia" oder "Cumbia Electrónico". Ein gelungenes Beispiel dieses Genres ist ohne Zweifel das kolumbianische Kollektiv Systema Solar. Ihr "Bienvenidos" ist ein großartige Symbiose von Alt und Neu, von Elektronik und Folklore und ein gelungenes Beispiel, wie man eine alte regionale Musiktradition ins 21. Jahrhundert transportiert. Dem einen oder anderen mag das zu sehr auf den Massengeschmack ausgerichtet sein - mir gefällt die durchaus eigenwillige Instrumentierung und die lässige Eleganz, mit der die Band ihre Musik zelebriert......

Genug der Worte, später gibt es mehr von der Cumbia urbano......




Freitag, 3. September 2010
Wie mag es wohl klingen, wenn Manu Chao irgendwann einmal auf die Idee kommen sollte, eine Oper zu produzieren? Die Frage klingt hirnrissig (ist es wahrscheinlich auch), angesichts des Ergebnisses seiner letzten Produzententätigkeit hat sie aber auch eine gewisse Berechtigung...
Denn die Frage, wie es klingt, wenn Manu eine afrikanische HipHop-Gruppe produziert, ist auf den ersten Blick ebenso weit hergeholt - aber seit wenigen Wochen kann man das Ergebnis dieser Kollaboration tatsächlich begutachten.

Angedeutet hatte es sich ja schon vor längerer Zeit, als Manu Chao anläßlich der Promotion seiner letzten Studiio-CD "La Radiolinea" vor ziemlich genau zwei Jahren ankündigte, dass er demnächst eine Platte für den Sohn des malischen Ehepaars Amadou et Mariam, der in Bamako als HipHopper unterwegs ist, produzieren wolle. Es hat lange gedauert, doch jetzt gibt es endlich die lang erwartete CD von Smod (so der Name der Band). Entstanden sein soll die Zusammenarbeit zwischen Manu Chao und Smod übrigens, als Manu in Bamako weilte, um die Platte "Dimanche a Bamako" einzuspielen und nachts mit dem Sohn und seinen Freunden auf der Dachterasse jammte.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit ist überraschend und erwartbar zugleich. Denn die Jungs von Smod entsprechen so gar nicht dem Stereotyp, den man gemeinhin von Rappern erwartet. Adrett frisiert und gekleidet und mit Gitarre ausgerüstet sehen die drei jungen Männer eher wie strebsame Oberschüler aus und haben mit dem Gangsta-Rapper, der von Goldkette, Sportwagen und Bitches träumt, so wenig gemeinsam wie Atomenergie mit Umweltschutz. Auch entspricht ihre Art zu rappen nicht dem allgemeinen Klischees - ihr "Rap" ist eher eine Mischung aus Folklore, Gesang und Sprache.

Hört man aber die Melodien der Songs, dann fällt zuallererst auf, dass die typischen Zutaten, die Manu Chaos Alben ausmachen, auch auf dem Debut von Smod unüberhörbar auftauchen. Dieser Klangteppich aus akustischer Gitarre, Soundschnipsel und Loops klingt dann auch weniger nach afrikanischem HipHop, sondern eher nach einem von Afrika inspirierten Manu Chao.

Das macht die Songs aber beileibe nicht schlecht, denn es gelingt Manu Chao wieder einmal hervorragend, mit seinem Stil eine Stimmung zu erzeugen, die schon seine ersten Soloalben ausgezeichnet hat. Ziemlich relaxt und mit einem ganz eigenen Groove betören die Lieder, ohne kitschig zu werden. Insbesondere die Singleauskoppelung "Ca Chante" hat alle Voraussetzungen, zu einen echten Sommerhit. Dafür ist es jetzt zwar schon etwas spät, aber Manus "King of Bongo" brauchte auch mehrere Jahre, um von der Masse entdeckt zu werden.....

Dennoch bleibt man etwas irritiert nach dem Hören der Platte und fragt sich, ob Manu Chao der Band wirklich einen Gefallen getan hat, als er ihre Platte produziert hat. Zwar bringt diese Zusammenarbeit der bis dahin in Europa völlig unbekannte Gruppe eine schnelle Bekanntheit - ob es Smod aber gelingen kann, sich von dem übergroßen Schatten ihres Produzenten zu lösen und ihren eigenen musikalischen Weg zu gehen, ist leider fraglich. Denn verdienst hätte es Smod zweifelsohne....

Smod auf myspace




Freitag, 27. August 2010
Heute ohne viele Worte - nicht weil mir zu dem Thema nichts einfallen würde, aber ich habe einfach keine Lust mehr, mich mit solchen dumpfen islamophoben Thesen auseinanderzusetzen, die frustrierte Grundschullehrerinnenehegatten immer wieder in die Welt hinaus posaunen. Das ein Mann wie Sarrazin so einen Mist verzapfen will, ist sein gutes Recht (was ich aber immer häufiger bedaure) - dass er aber ein früher wichtiges und heute immer noch von vielen geachtetes Politmagazin nutzen kann, um seinen kruden Müll zu verbreiten, ist eine Schande - genauso wie die Tatsache, dass der Mann immer noch als SPD-Mitglied seinen Rassismus unters Volk bringen kann!