Weiter geht es mit der Vorstellung der für die BBC World Music Awards nominierten Interpreten. Eigentlich wären jetzt die Interpreten der Kategorie "Mittlerer Osten/ Nordafrika" an der Reihe, doch die überspringe ich erst einmal und ziehe die Kategorie "Newcomer" vor.....

(Hier findet man die Vorstellungen der Kategorien "Afrika", "Amerika", "Asien" und "Europa")

Die Nominierten in der Kategorie Newcomer sind:

1. Balkan Beat Box
Im Mai 2005 sah ich zufällig auf Arte einen kurzen Beitrag über eine New Yorker Band, die alles verwurstet, was sie musikalisch beeinflusst. Klezmer, Balkan, HipHop, Jazz und Punk wurden da auf eine Art und Weise zusammengemischt, wie ich es vorher noch nie gehört hatte. Was mich aber damals besonders beeindruckt hat, war die Beschreibung der Konzerte, die dank zahlreicher KünstlerkollegInnen und Gäste regelmäßig zu zirkusreifen Partys ausufern würden......

Ich habe damals direkt nach der Sendung die Webseite der Band besucht und dort den Song "Bulgarian Chicks" entdeckt, der mich dann einige Monate ständig im Ohr begleitet hat. Erst einige Monate später erschien ihre Debut-CD in Deutschland und sie kamen auf Tour. Ihr Konzert in Köln war überhaupt nicht so, wie es Arte beschrieben und wie ich es erwartet hatte. Statt vielen Gästen, Videoshow und Akrobatik stand da auf der Bühne eine "normale" Band mit Schlagzeug, Gitarre, Bass, etc. Doch die Enttäuschung hielt nur bis zum dritten Ton der Band - die Musiker und insbesondere der Sänger Tomer Yosef gingen dermaßen ab, dass ich alles andere vergaß und zwei Stunden nur noch hüpfte, schrie und tanzte. Ich habe selten eine Band erlebt, die dermaßen exzessiv gespielt, gesoffen, getanzt und gefeiert hat wie Balkan Beat Box auf der Bühne - kein Wunder, dass dies auch Folgen haben muss. Inzwischen hat ihre Konzertagentur den Vertrag mit der Band aufgekündigt weil es "chaotische und z.T. unfaire Entscheidungen der Band" gegenüber Veranstaltern gegeben haben soll.

Inzwischen hat Balkan Beat Box ihre zweite CD herausgebracht (Rezension hier) und sind mindestens alle 6 Monate irgendwo in Köln live zu sehen - in den letzten zwei Jahren haben sie im Underground, Stadtgarten, Gebäude 9 und auf dem SOMA Festival gespielt und kommen im Mai in den Prime Club. Die erste Begeisterung für die Band hat sich inzwischen etwas gelegt, aber Balkan Beat Box ist immer noch für eine der interessantesten Bands im Bereich Klezmer/Balkanbeats und live ein außergewöhnliches und schweißtreibendes Erlebnis......

Foto: svenwerk auf flickr


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2. Bassekou Kouyate & Ngoni ba
Bassekou Kouyate ist auch in der Kategorie Afrika nominiert und daher hier bereits ausführlich vorgestellt worden....


3. Mayra Andrade
Musik von den Kapverdischen Inseln verbindet man zunächst mit Cesaria Evora. Die inzwischen 66 jährige Diva, hat in den letzten Jahrzehnten der restlichen Welt einen Eindruck vermittelt, wie reichhaltig und einzigartig die Musik der kleinen Inseln vor der Küste Senegals ist. Man sieht beim Hören der Melodien geradezu das sanfte Schwingen der Wellen, den harmonischen Sonnenuntergang und sämtliche Klischees von einer heilen Welt vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen. Das die Realität anders aussieht - bis 2007 gehörte Kap Verde zu der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder - kann man Cesaria Evora und den zahlreichen jungen Sängern und Sängerinnen der Kapverden nicht vorwerfen. Ein wenig verwundert es aber, wie viele Künstler von den Kapverden in der letzten Zeit ins internationale Rampenlicht getreten sind - so kamen beispielsweise bei der World Music Charts Europe vom November letzten Jahres insgesamt drei InterpretInnen von der Inselgruppe. Ob da nicht auch der Versuch der Plattenfirmen eine Rolle spielt, eine Nachflogerin für Cesaria Evora zu finden und zu promoten?

Marya Andrade hätte sicherlich alle Talente, diese Nachfolge anzutreten. Die Stimme der 21jährigen ist grandios und ihre Biografie (geboren auf Kuba, aufgewachsen in Kap Verde, Senegal, Angola, Deutschland und Franreich) prädistiniert sie auch, die musikalischen Wurzeln der Insel behutsam zu modernisieren und beispielsweise mit brasilianischen Einflüssen zu vermischen.

Mir ist die Musik aber insgesamt zu glatt und zu "nett"....

Foto: carlosoliveirareis auf flickr

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4. Vieux Farka Toure
Vieux Farka Toure ist der Sohn des berühmten malischen Blues-Gitarristen Ali Farka Toure. Der wollte eigentlich gar nicht, dass sein Sohn Musiker wird, viel lieber hätte er ihn beim Militär gesehen. Doch Vieux Farka Toure setzte sich durch und besuchte gegen den Willen des Vaters die staatliche Musikakademie. Erst kurz vor dem Tod Ali Farka Toures kommt es wohl zur Vesöhnung zwischen Vater und Sohn und es entstehen zwei gemeinsame Aufnahmen, die auch auf dem Debutalbum zu finden sind. Musikalisch orientiert sich (soweit ich das an den im Internet angebotenen Songs entnehmen kann) Vieux Farka Toure durchaus an der Musik seines Vaters, versucht dabei aber auch, modernere Einflüsse zu berücksichtigen. Das klingt ganz ordentlich und man hat durchaus das Gefühl, dass die Fußstapfen ds Vaters durch den Sohn ausgefüllt werden können.

Neben seinem unbetitelten Debutalbum bringt er auch eine CD mit von diversen DJs remixten Songs heraus - und zeigt damit ein für malische Musiker nicht alltägliches musikalisches Veständnis (wobei allerdings einschränkend bemerkt werden muss, dass das Remix-Album in der Presse kein besonderes Feedback erhalten hat.)

Foto: CultrVultr auf flickr

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Mein Tipp für den World Music Award in der Kategorie "Newcomer": Balkan Beat Box