Dienstag, 26. Februar 2008
Jede Musikrichtung hat ihre Wurzeln. Doch ähnlich wie bei einem gewachsenen Baum ist es oft gar nicht einfach, die Wuzeln wieder zu entdecken - da muss man manches Mal ganz schön graben.

Als der Kopf der Band Muchachito Bombo Infierno vor einigen Jahren in einem Interview zu seinen musikalischen Vorbildern befragt wurde, nannte er Gato Perez, Gato Perez und Gato Perez. Doch als ich versuchte, etwas mehr über Gato Perez und andere Größen der katalanischen Rumba zu erfahren, verzweifelte ich schnell. Ein paar unverbindliche Allgemeinplätze war alles, was ich im Internet finden konnte - Hörproben waren Mangelware.

Jetzt ist mit der hervorragenden Compilation "Achilifunk - Gipsy Soul 1969 – 1979" etwas mehr von den bisher verborgenen Wurzeln der katalanischen Rumba und ihrer enormen Wandlungsfähigkit wieder hörbar geworden. In Spanien erlebte diese Musik zwischen den späten Sechzigern und Siebzigern ihre (erste) Blütezeit. Franco versuchte das Land politisch und kulturell geschlossen zu halten und verhinderte damit auch die sonst in Europa übliche Überflutung von anglo-amerikanischer Musik. Aber natürlich ging die Funk- und Discowelle nicht gänzlich an Spanien vorbei. Doch statt der amerikanischen Originale hörte man in Spanien viele einheimische Künstler und hier insbesondere die Gitano-Szene, die die klassische Rumba mit den internationalen Funk, Rock und Discorhythmen vermischte - heute würde man von Mestizo sprechen.

Irgendwann war dann die Zeit Francos vorbei und die kulturelle Öfnung Spaniens beendete zunächst einmal den Erfolg der Rumba catalá. 15 bis 20 Jahre spärer erinnerten sich dann wieder Bands wie Dusminguet, Color Humano, Ojos de Brujo oder die bereit oben erwähnten Muchchito Bombo Infierno an die Musik ihrer Kindheit und fusionierten die katalanische Rumba erneut mit aktuellen Musikrichtungen wie Reggae, Ska oder Salsa....

Der DJ Txarly Brown hat die CD "Achilifunk" zusammengestellt. Sie enthält 15 alte Schätze und zwei Neueinspielungen, die aber durchaus dem Geist der anderen Stücke entsprechen. Was zunächst einmal auffällt, ist die sehr gute Qualität der inzwischen bis zu fast 40 Jahre alten Aufnahmen. Doch nicht nur die Tonqualität ist außergewöhnlich gut, auch die Auswahl der Songs ist sehr gelungen.
Es beginnt mit einer Neuaufnahme. Der ungekrönte König der katalanischen Rumba, hat mit der Band Los Fulanos einen seiner alten Hits wiederaufgenommen. "Gato" vermischt die Rumba mit kubanischem Son und zeigt zu Beginn die erstaunliche Wandlungsfähigkeit dieser Musik. Doch dann geht es tief in die Archive. Funkiger Pop (Chacho), leicht psychodelische Beatles-Adaptionen (El Garrotí) , Flamenco (Los Amaya), Rock (Dolores Vargas), amerikanischer B-Movie-Funk (Rumba Tres) und schwülstige Disco Rhythmen (Los Chunguitos) sind die Zutaten, mit denen die Rumba verbunden wird und dessen Mischung für ungewöhnliche, aber meist hochspannende und vergnügliche Sounds sorgt.

Ziemlich am Ende kommt dann auch Gato Perez zu Ehren. Sein Song "Tiene sabor" verbindet die Rumba mit südamerikanischer Salsa und greift damit der weiteren Entwicklung schon 20 Jahre vor. Und da Hören allein nicht alles ist, versorgt einen das dicke Beiheft noch mit unzähligen netten Informationen (leider nur auf Englisch, Spanisch und Japanisch)

Insgesamt ist Achilifunk eine Platte, die gleichzeitig spannend, unterhaltsam und informativ ist. Unverzichtbar für alle, die sich für Mestizo-Musik mit spanischen Wurzeln näher interessieren - aber auch durchaus faszinierend für die, die etwas krude und überraschende Musik aus vergangener Zeit zu schätzen wissen.....

Leider gibt es außer bei den entsprechenden Online-Versandhäusern keine Tonbeispiele oder Videos. Es gibt zwar eine myspace-Seite von Txarly Brown und dort auch ein Snippet von der CD, die Aneinanderreihung von viel zu kurzen Soundschnipseln wird meines Erachtens der Platte aber nicht gerecht.