Montag, 21. Januar 2008
Dass mich Andy Palacio mit seinen Tönen beim ersten Kontakt nachhaltig beeindruckt hätte, kann ich beim besten Willen nicht behaupten.
Das erste Mal hörte ich einige kurze Samples im April letzten Jahres auf der WMCE -Seite, als der mir bis dahin völlig unbekannte Sänger aus Belize auf Anhieb auf Platz 5 der World Music Charts notiert war. Ich erinnere mich noch, dass ich erleichtert war, keine 45. Ausgabe der Afro Cuban All Stars- "Nachahmer" zu hören, sondern eine eigenständige Musik, die auf geschickte Weise afrikanische und karibische Rhythmen miteinander verband. Das hörte sich ganz nett an, war mir aber eigentlich viel zu folkloristisch. Viel faszinierender fand ich die Geschichten, die sich um Andy Palacio reihten. Z.B. die Geschichte von den zwei Sklavenschiffen, die an der Küste der Karibikinsel St. Vincent strandeten und den Beginn der Garifuna-Kultur begründeten. Oder die Geschichte von dem alten Mann in Nicaragua, den Andy Palacio als junger Mann traf und der davon überzeugt war, der letzte zu sein, der die Garifuna-Sprache noch sprechen könnte und der dann ganz erstaunt und erfreut war, als ihn der Junge aus Belize in eben dieser Sprache begrüßte.

Erst viel später ergab sich die Möglichkeit, das Album "Watina" in Ruhe durchzuhören. Und irgendwann machte es dann 'klick' und die Musik hatte mich infiziert. Diese unaufgeregte Stimme, die relaxte Instrumentierung und die ungewöhnliche Mischung eigentlich bekannter Stile faszinierten mit jedem Hören mehr. Zu der entspannten Stimmung, die die Musik erzeugt, passen die Bedingungen, unter denen die CD entstanden ist. Palacio traf sich den Presseberichten nach nämlich mit seinen Musikern in einer Strandhütte in Belize, um die Platte einzuspielen.

Die Platte war die positive Überraschung im vergangenen Jahr in der Weltmusikszene. Sie belegte in allen mir bekannten Jahrescharts und Bestenlisten einen der vordersten Plätzen (Global Rhythm, Songlines, fRoots, National Geographic's online music magazine, WMCE etc.). Andy Palacio erhielt den letztjährigen WOMEX-Preis und wurde in Anerkennung seiner Verdienste um die Erhaltung der Garifuna-Kultur Friedensbotschafter der UNESCO.

Am Samstag ist Andy Palacio im Alter von 48 Jahren an den Folgen eines schweren Hirnschlags und Herzinfarkts gestorben sei. erschüttert. Sein Engagement für den Erhalt der Garifuna-Kultur müssen nun andere übernehmen. .....

R.I.P.

Foto: CultrVultr auf flickr

Andy Palacio auf myspace
Ein weitere Nachruf findet sich hier




"All dies findet in einer Welt statt, die weiß, was geschieht, dabei aber schweigt und nicht viel mehr tut, als dieses bedauerliche Theater anzuschauen"

Der für den arabischen Fernsehsender al-Dschasira tätige Journalist Sami Al-Hadsch in einem Brief über die Zustände in Guantanamo. Er ist seit Juni 2002 in Guantanamo inhaftiert, aber es gibt immer noch keine offizielle Anklage gegen ihn. Seit über einem Jahr befindet er sich in einem Hungerstreik und wird von den amerikanischen Militärs zwangsernährt.

Aus der taz vom 18.01.07