Montag, 10. November 2008
Soeben beim Surfen gefunden: ein weiteres Video von Miriam Makeba, der großen Stimme Südafrikas:




Musikalisch fand ich sie nie sonderlich prickelnd, aber an ihrem lebenslangen Kampf gegen Apartheid und politischer Unterdrückung kann sich manch heutiger Superstar eine fette Scheibe abschneiden. 1957 wurde ihr die Wiedereinreise nach Südafrika verwehrt, weil sie es gewagt hatte, an einem Film über die Rassentrennung mitzuwirken. Doch so wurde sie die Stimme des jahrzehntelang politisch unterdrückten schwarzen Südafrikas, was ihr viel Ehr, aber auch viel Ärger einbrachte. So war in den USA ihr Engagement gegen Rassismus plötzlich gar nicht mehr so ehrenvoll, als sie den amerikanischen Bürgerrechtler und Black Panther-Aktivisten Stokely Carmichael heiratete. Sie musste ausreisen und fand Exil im afrikanischen Guinea.

Erst 1990 durfte sie wieder nach Südafrika einreisen - und war zu diesem Zeitpunkt längst "Mama Afrika" geworden - die Stimme eines ganzen Kontinents und eine der ganz großen Heroen der Weltmusik. Bezeichnenderweise beendete sie auch ihr Leben im Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung. Bei einem Solidaritätskonzert für den italienischen Schriftsteller Roberto Saviano, der seit seinem Buch "Gomorrha" von der neapolitanischen Camorra mit dem Tode bedroht wird, erlitt sie einen Herzinfarkt und starb später im Krankenhaus.

Zum Gedenken an Miriam Makeba gibt es mal nicht ihren absoluten Superhit, "Pata pata" zum 450. Mal zu hören - sondern das ebenso bekannte, aber zum heutigen Tage viel besser passenden Song: Mbube oder "The Lion sleeps tonight"

Foto: Haags Uitburo auf flickr




Samstag, 8. November 2008
Heute mal wieder mit einem besonderen Schmankerl: Das Video sieht mit seinen verwackelten Bildern aus wie eine alte verschollene Super-8 Aufnahme - aber die gute Tonqualität lässt einen dann doch schnell stutzig werden. Und richtig, das Video ist eine gut gemachte Aufzeichnung eines Konzertes diesen Jahres aus dem Kölner Gloria.

Ich kannte Andre Williams - so heißt der Sänger - bis dahin überhaupt nicht, dabei gilt der Mann als lebende Legende und Erfinder des sogenannten Dirty-Souls. Dabei benutzt er Texte, die sehr leicht (miss)-verstanden werden können und sollen. Dies hat ihm dann auch die Beinamen "The Duke Of Dirty-Ass", "The Legendary Lord Of Lascivious Lyrics" oder "The Baron Of Badass R'n'B" eingebracht.

Dirty war auch sein Leben außerhalb der Bühne. Sex, Drugs und Rock n'Roll hieß bei ihm Dauerparty mit eimerweise Kokain und Alkohol. Das konnte nicht ewig gut gehen - Andre Williams landete in der Gosse und sein Name geriet in Vergessenheit - bis er in den 90er Jahren wiederentdeckt wird und ihm ein bescheidenes Comeback gelingt.

Dabei sind insbesondere seine Live-Shows ein besonderes Erlebnis - wie man unschwer auf dem Video erkennen kann. Dabei gelingt es ihm auch, seine ansonsten eher konventionelle Rock n' Roll Begleitcombo zu ungeahnten Höhenflügen zu verhelfen.

Andre Williams auf mypace




Jamaika ist um einen weiteren musikalischen Heroen ärmer. Byron Lee galt als einer der Pioniere jamaikanischer Musik, wobei er weniger künstlerisch herausragte als es vielmehr verstand, seine Musik erfolgreich zu vermarkten. Er spielte z.B. für einen Bond-Film (Dr. No) zwei Calypso-Songs ein und führte lange Zeit ein Plattenstudio auf Jamaika.
Musikalisch war er jahrelang mit seiner Band "The Dragonaires" unterwegs - auch das recht erfolgreich. Genremäßig war Byron Lee in keine Schublade zu pressen - er spielte das, was den Leuten gefallen könnte - Ska, Rocksteady und amerikanischen Pop, aber auch Calypso und später Soca.

Ein Freund, der im Winter immer regelmäßig in südlichen Gefilden überwintert, schwärmte mir nach einem Trip durch Mittelamerika von der Musik Byron Lees in höchsten Tönen vor. Die Platte, die er mir mitbrachte, verschwand aber ganz schnell in die hinteren Ecken meines CD-Regals. Jetzt - anlässlich seines Todes am 4. November, habe ich mir Byron Lee noch einmal angehört - leider wieder ohne große Begeisterung. Aber was will man erwarten, wenn ein Bassist der Bandleader ist?

Als Gedenkvideo hier eines seiner bekanntesten Stücke - welches aber auch deutlich macht, warum ich so meine Schwierigkeiten mit Byron Lee habe - die Musik klingt mir doch arg weichgespült.....




Freitag, 7. November 2008
So langsam entwickelt sich dieser Blog zu einem reinen Gedenkblog - zu sehr häufen sich die Nachrufe. Allein in dieser Woche sind wieder zwei bedeutendere Musiker/Innen verstorben, die hier zumindest erwähnt werden sollen

Am 1. November verstarb im Alter von 86 Jahren die peruanische Sängerin Yma Sumac. Mir war der Name bis vor wenigen Monaten völlig unbekannt, bis ich irgendwann den Song "Gopher Mambo" hörte und ziemlich irritiert über diese obskure Musidarbietung war.

Im Internet stieß ich dann auf die wundervolle Geschichte von Daniel Aldridge mit dem Titel "Mein Leben mit Yma Sumac". Irgendwie wollte ich diese Abschrift eines Radiofeatures immer schon in diesem Blog verlinken, leider ergab sich nie die richtige Gelegenheit - bis jetzt (leider) .........




Montag, 3. November 2008
Was ist nur in Italien los?

Fast jeden Tag erreichen uns Nachrichten, die man ob ihrer völligen Abstrusität gar nicht glauben kann. Da will der Bürgermeister von Rom eine Strasse nach dem faschistischen Parteigründer und Antisemiten Giorgio Almirante benennen. Dann plant Innenminister Roberto Maroni von der Lega Nord, von minderjährigen Roma flächendeckend Fingerabdrücke nehmen zu lassen. Durch das Land schwappt eine Welle der rassistischen Gewalt und die Regierung unternimmt nichts, um das menschenverachtende Treiben zu unterbinden. Im Gegenteil, die von der Regierung angestrebte Bildungsreform sieht unter anderem vor, dass getrennte Klassen für Migrantenkinder eingeführt werden sollen.

Und jetzt hat der ehemalige Staatspräsident Francesco Cossiga die Öffentlichkeit in einem Interview darüber aufgeklärt, wie seiner Meinung nach mit den Studentenprotesten umgegangen werden sollte. Das Italien-Journal hat freundlicherweise den Wortlaut des Gesprächs wörtlich übersetzt.

"Presidente Cossiga, sind Sie der Ansicht, dass Berlusconi mit seiner Drohung, die Polizei gegen die Studenten einzusetzen, übertrieben hat?
«Kommt drauf an. Wäre er der Präsident eines starken Staates, würde ich sagen, er habe genau das Richtige gemacht, aber Italien ist ein schwacher Staat […] und ich fürchte den Worten werden keine Taten folgen […]».

Welche Taten sollten denn Ihrer Ansicht nach folgen?
«[…] Sie [die Demonstranten] erstmal machen lassen. Die Polizei von den Straßen und Universitäten abziehen, Agenti Provocatori einschleusen, die zu allem bereit sind und es dann für zehn Tage zulassen, dass die Demonstranten Geschäfte überfallen, Autos in Brand setzen und die Stadt verwüsten.»

Und danach?
«Danach, mit der Zustimmung der Bevölkerung im Rücken, müssen die Sirenen der Krankenwagen präsenter sein, als die der Polizei und der Carabinieri».

Will heißen?
«Will heißen, dass die Polizei die Demonstranten ohne Gnade massakrieren und allesamt ins Krankenhaus schicken muss. Nicht verhaften, die Richter würden sie sowieso wieder frei lassen, sondern bis aufs Blut prügeln und auch die beteiligten Lehrkräfte prügeln bis aufs Blut».
"

Nun ist Cossiga in jüngerer Vergangenheit bekannt dafür geworden, abenteuerliche Theorien in die Welt zu setzen. (So hat er beispielsweise 9/11 für eine mit Unterstützung von CIA und Mossad durchgeführte Aktion bezeichnet.)

Erstaunlich ist jedoch, dass es wohl von Regierungsseite keine Kritik an den Thesen Cossigas gegeben hat und dass die bis dahin friedlichen Proteste gegen die Bildungspolitik Berlusconis nur wenige Tage nach dem Interview durch Gewalt überschattet wurde. Dabei ging die Gewalt an der Piazza Navona in Rom keineswegs von den Demonstranten aus, vielmehr waren es faschistische Schlägertruppen, die mit Knüppeln und Gürteln bewaffnet und von der Polizei zunächst völlig unbehelligt friedlich Protestierende attackierten.Italienische Zeitungen berichten darüber hinaus, dass es Hinweise geben soll, dass Polizei und Nazischläger bei ihrem Versuch, die Proteste zu diskreditieren, heimlich zusammengearbeitet haben. Zwar ist Italien immer schon auch das Land der Verschwörungstheorien, aber nur deshalb, weil in Italien nichts unmöglich ist, wie die Skandale der Vergangenheit (z.B.P2, Uscita) deutlich gezeigt haben.

Es fällt mir schwerer und schwerer, dieses Land und seine Bewohner zu verstehen................