Donnerstag, 4. November 2010
Über Mouss et Hakim habe ich hier ja schon ein wenig geschrieben. Inzwischen haben die beiden Brüder Mustapha und Hakim Amokrane 20 musikalische Jahre auf ihren Buckeln, was die beiden zum Anlass nehmen, sich und uns mit einer pickepackevollen Live-Doppel-CD namens "Vingt D'honneur" zu beschenken. Merkwürdigerweise findet sich unter den 29 Titeln des Albums nur ein Track von der Band, mit denen Mouss und Hakim den größten Erfolg hatten. Das ist erstaunlich, denn ich hatte immer vermutet, dass Zebda die Band war, die die beiden Brüder am stärksten geprägt hatte.



Stattdessen kommt ein Großteil der auf der Platte gespielten Stücke neben den beiden "Solo-CDs" (bei einem Duo kann man ja eigentlich nicht von "Solo-CDs" sprechen) von den beiden älteren Zebda-Nebenprojekten Motives und 100% Collègues. Während man mit 100% Collègues eher den eigenen algerischen Wurzeln Tribut zollt, widmete man sich bei dem Motive Projekt dem Absingen von alten Widerstands- und Revolutionsliedern wie z.B. "Bella Ciao", "Bandiera Rossa" oder "El Paso del Ebro". Allen Projekten gemeinsam ist die Instrumentierung - mit den überwiegend akustischen Instrumenten wie Akkordeon, Gitarre, Perkussion und Oud gelingt ihnen ein nicht sonderlich virtuoser, aber durchaus harmonischer und eingängiger Sound. Hinzu kommt, dass sich die Stimmen der beiden Brüder ideal ergänzen und der ständige Wechsel von Sologesang, Duett und Chor (mit restl. Band) auch auf Dauer nicht langweilig wird. So landen insbesondere die 100% Collegues-Platten immer mal wieder in meine persönliche Playlist und haben auch 10 Jahre nach ihrem Kauf nur wenig von ihrem reiz verloren. Aber auch das Motives-Projekt hat bei mir bisher eine hohe Halbwertszeit - was mich selber erstaunt, denn normalerweise habe ich so meine Schwierigkeiten mit der Verpoppung revolutionären Liedgutes.

Zwar kann das gemeinsame Absingen von revolutionären Liedern durchaus Freude bereiten, es kann aber auch wahnsinnig nerven. Glücklicherweise tritt dieser Effekt bei den Versionen von Mouss et Hakim (bei mir) aber nie auf, was auch daran liegen kann, dass neben dem originellen Sound das Publikum mit. seiner Begeisterung dem Ganzen einen Drive gibt, dem man sich nur schwer entziehen kann. Das wissen die Beiden auch schon seit längerem, denn von beiden Nebenprojekten (Motives und 100% Collegues) gibt es neben je einer Studio CD auch bereits eine Live CD, deren Aufnahmen sich nicht großartig von "Vingt D'honneur" unterscheiden.

So bleibt als erstes Fazit, das Mouss et Hakin mit "Vingt D'honneur" ein schönes Album gelungen ist, welches sich aber in weiten Teilen nicht großartig von den älteren Liveplatten unterscheidet. Dennoch ist die CD ein lohnender Einkauf, denn zum einen ist an die Motives und 100% Collegues-Aufnahmen hierzulande nur sehr schwer zu kommen und zum anderen bieten die Leve-Versionen ihrer Soloarbeit eine gelungene Ergänzung zum revolutionären Charakter der älteren Songs.

Fotos: Jean-Baptiste Bellet auf flickr

Mouss et Hakim Homepage (noch veraltet)
Mouss et Hakim auf myspace


Statt einem Videobeispiel gibt es zur Feier des Tages gleich drei: Nummer eins ist von der CD Origines Contrôlées......



....Nr. 2 von 100% Collègues (heißt dort aber noch Aoua)....



und Nr. 3 von der Motivès-CD:




Montag, 1. November 2010
In vielen Teilen Deutschlands bin ich mit dem Video zum Wochenende mal wieder hoffnungslos zu spät, aber hier in NRW ist der 1. November (noch) ein gesetzlicher Feiertag - und in diesem Jahr für alle Atheisten und Teilzeitgläubige ein willkommenes langes Wochenende. Insofern liege ich mit dem jetzigen Beitrag ausnahmsweise immer noch gut in der Zeit.

Gestern war es mir beim besten Willen nicht möglich, die Rubrik des Wochenendvideos mit Leben zu füllen, da ich den ganzen Tag unterwegs war. Morgens früh ging es bei strömenden Regen los in Richtung Mittelrheintal, um dann bei Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen ein wenig am Rheinsteig zu wandern. Vielleicht ist es dieses für einen Großstädter eher unübliche Naturerlebnis, welches mich empfänglich für das heutige Video macht, denn in den bewegten Bildern des Songs "Malpalpitando" geht es um die Rückkehr des zivilisierten Menschens in die Natur. Aber im Gegensatz zum Rumlaufen an den für den Tourismus ausgebauten Rheinhängen ist ein Trip an den Ufern des Amazonas wahrscheinlich ungleich intensiver, gewaltiger und einschneidender.......

Systema Solar kannte ich bisher eher als eine Band, die das urbane Kolumbien prägen. Aber in dem Stück "Malpalpitando" vermitteln sie eine andere Seite ihrer Heimat - und das auf eine Art und Weise, die ich sehr beeindruckend finde. Ein fast achtminütiges Video, welches mit seinen hypnotischen Beats und irritierenden Bildern ein fast tranceartige Stimmung erzeugt. Großartig!!

Aber so ganz ohne Naturerlebnis muss auch ein Trip an den Rhein nicht sein - denn am Abend vermittelten tausende Gänse, die in riesigen V-Formationen auf den Weg gen Süden zogen, den am Boden verbleibenden Zuschauern schon ein Gefühl von Kleinheit und Nichtigkeit.Aber dieses Gefühl verzieht sich dann wieder schnell, wenn man eine Viertelstunde später im Lokal mit einem Glas Riesling in der Hand die Speisekarte studiert und darüber nachdenkt, ob man vielleicht Gänsebraten essen soll......


Systema Solar Homepage
Systema Solar auf myspace




Neuer Monat - neues Titelbild

Dieses Mal habe ich mich für die CD "Putan de Cançon" von Moussu T e lei Jovents entschieden. Zwar habe ich die Platte noch nicht gehört, aber das ehemalige Mitglied des Massilia Sound System hat mich in der Vergangenheit mit seine Veröffentlichungen nie enttäuscht - warum sollte sich das mit seiner vierten CD ändern. Die Auflösung (vielleicht) demnächst in diesem Blog......



Dienstag, 26. Oktober 2010
Ich bin noch die Auflösung des Coverrätsels von vergangenem Donnerstag schuldig. Natürlich hat sich O. P. Nayyar, der Komponist des Stückes, einige Noten aus dem Evergreen "Perhaps, perhaps, perhaps" ausgeliehen. Aber irgendwie auch wieder nicht, denn als Doris Day dem Titel einen gewissesen Weltruhm verschaffte, hatte die indische Variante der Melodie schon 10 Jahre auf dem Buckel. Auch Nat King Cole, der bereits 1958 mit dem Titel "Quizas, quizas, quizas" einigen Erfolg hatte, kann nicht für beanspruchen, Inspirationsquelle für den indischen Bollywood-Erfolg gewesen zu sein - auch er kam (4) Jahre zu spät....

Das Verdienst, das Original geschrieben zu haben, gebührt dem Kubaner Osvaldo Farrés, der 1948 zur Feder griff und diesen oft kopierten Song verfasste. Denn neben den bereits erwähnten Versionen gibt es unter anderem noch Skainterpretationen von den Skatalites oder Prince Buster, Latin-Cover von Trini Lopez oder Celia Cruz, eine Gitarren-Flameco-Version von Paco de Lucia, finnischer Schlager mit Eino Grön, Rocksteady mit Dennis Brown oder eine Disco-Version mit Samantha Fox

Schließlich gibt es natürlich noch die Interpretation der türkischen Eurovisions-Ska-Band Athena.....




...und das kitschige herzzerreißende Duett der beiden kubanischen Altstars Omara Portuondo und Ibrahim Ferrer.




Und dann hat sich auch noch eine nordafrikanischer Musiker von "Perhaps, perhaps, perhaps" inspirieren lassen. Aber das ist ein Thema für den nächsten Blogbeitrag......



Dienstag, 26. Oktober 2010
Vor ungefähr 30 Jahren habe ich zum ersten Mal etwas von Gregory Isaacs gehört. Ich machte gerade meine Lehre und ein befreundeter Arbeitskollege schwärmte mir von diesem jamaikanischen Musiker mit der genialen Stimme vor. Ich hatte zum damaligen Zeitpunkt nicht viel mit Reggae zu tun (mein musikalisches Interesse lag eher in Richtung Punk) und dementsprechend war ich alles andere als begeistert von Gregory Isaacs.

Später, als sich meine musikalische Präferenzen immer mehr in Richtung Weltmusik und Reggae verschoben haben, habe ich mir immer mal wieder Musik von Gregory Isaacs besorgt - allein, der Funke sprang nie über. Wahrscheinlich lag es daran, dass er zwar eine durchaus großartige Stimme hatte, mir sein Timbre aber doch etwas zu glatt war. Außerdem klangen seine Songs immer irgendwie nach schmusigen Liebesliedern - selbst wenn er sozialkritische Töne auspackte. Bei anderen Musikliebhabern hatte Gregory Isaacs aber einen besseren Ruf - so beschrieb ihn z.B. die New York Times als "den außergewöhnlichsten Sänger im Reggae". Es gibt nur wenige jamaikanische Musiker, die im Laufe ihrer Karriere mehr Platten veröffentlicht haben als der "Cool Ruler", wie Gregory Isaac aufgrund seines gleichnamigen Erfolgsalbum von 1978 genannt wurde. Neben vielen eigenen Platten war er aber auch ein gern gehörter Gastsänger auf unzähligen Alben - so ist er z.B. auf den letzten Platten von so unterschiedlichen Bands wie Dubmatix, Los Pericos oder den Dub Pistols vertreten.

Heute ist er im Alter von 59 Jahren in London an Lungenkrebs gestorben.

RIP

Foto: Tach_RedGold&Green auf flickr