Freitag, 30. Juli 2010
Au verdammt, schon wieder drei Wochen um und kein neuer Eintrag. Aber ich kann mein Schweigen damit entschuldigen, dass das Wetter in den letzten Wochen nicht unbedingt dazu animierte, in einer vollkommen unisolierten Dachgeschosswohnung zu s(chw)itzen und über Musik zu schwadronieren - zumal ich auch einiges zu tun hatte, um meine Urlaubserinnerungen zu konservieren.

Aber jetzt hat es sich in meiner Wohnung wieder auf angenehme Temperaturen abgekühlt, mein Reisebericht (andere Baustelle) ist fast fertig und mein Computer schreit nach neuen Aufgaben. Also eine gute Gelegenheit, ihn mit neuen Texten für den schönetöne-Blog zu füttern.....

Zu den absoluten Lieblingsbands in meiner späten Jugend gehörte die italienische Band 99 Posse. Ich weiß nicht mehr, wann wie ich auf die Gruppe gestoßen bin, aber ich weiß noch,dass ich in einem winzigen Plattengeschäft in einer kleinen oberitalienischen Stadt die erste Platte der Band als MC (für die Jüngeren= Musikcassette) gekauft habe und total begeistert von der Musik war. Damals spielte 99 Posse eine Mischung aus Reggae und Ska mit neapolitanischem Dialekt und sie klangen ganz anders als das, was ich sonst so zu hören bekam. Und gerade das Titelstück, "Curre curre guaglio" gehört bis heute zu den All-Time-Klassikern meines Lebens - und es gibt keine Party, auf der ich nicht irgendwann dieses Stück auflege.

"Curre curre guaglio" war auch die platte, die ein völlig anderes Italienbild entstehen ließ - plötzlich konnte man entdecken, dass es auch in Italien so etwas wie einen kulturellen Untergrund gab. Man erfuhr von den in ganz Italien existierenden sozialen Zentren, die oftmals besetzt waren und in denen eine ganze Generation von italienischen Bands ihre ersten musikalischen Gehversuche unternahmen (später mehr dazu).

Nach "Curre, curre guaglio" veränderte die Band eigentlich ständig ihren musikalische Stil. Von Reggae zu Drum n Bass, Trip Hop, Industrial und technoid angehauchten Beats. Als Fan war es nicht immer einfach, den musikalischen Weg von 99 Posse zu folgen, aber trotz aller Schwierigkeiten, die man mit einzelnen Platten hatte, imponierte mir immer die kompromisslose Art der Gruppe, ihre Vorstellungen von Musik, Kultur und Politk umzusetzen.

Leider war dann 2001 nach dem Live- und Remix-Doppelalbum "Napoli 9910" erst mal Schluss mit 99 Posse. Die einzelnen Bandmitglieder hantierten in diversen Projekten und Bands mit mehr oder weniger großem Erfolg und an eine Reunion vermochte niemand mehr zu glauben.

Aber Wunder gibt es immer wieder und seit dem Herbst letzten Jahres ist 99 Posse wieder fast komplett (es fehlt lediglich die Sängerin Meg) und auf Tour. Zwar haben mich die auf YouTube zu findenden Konzertmitschnitte überhaupt nicht überzeugt, was aber auch an der miserablen Qualität vieler Aufnahmen liegen könnte.

Jetzt gibt es den ersten neuen Song nach der Reunion zu hören. "Antifa" heißt die Single, die auch auf der Webseite der italienischen Zeitung Republica kostenlos heruntergeladen werden kann - und auf YouTube gibt es das dazu gehörende Video.

In meinen Ohren ist "Antifa" zwar nicht unbedingt der große Wurf, aber durchaus hörenswert. Ärgerlicher finde ich dagegen das Video zur Single. Nichts gegen Antifa-Romantik, aber irgendwann sollte man doch mal aus dem Alter heraus sein, in dem man brennende Autos und Bilder des heroischen schwarzen Blocks auf Demonstrationen abfeiern muss,

Photo: .noir photographer auf flickr

99 Posse Homepage




Samstag, 3. Juli 2010
Heute nachmittag 16.00 Uhr:

"oh mamma mamma mamma,
oh mamma mamma mamma,
sai perché mi batte el corazon,
ho visto Maradona, ho visto Maradona,
ué mammà, innamorato so'!!!"


(auch wenn das Video im zweiten Teil arg kitschig verkommt, es muss sein!!!)




Samstag, 3. Juli 2010
Gerade bei twitter gefunden:

obenrechts: "In Brasilien wird jetzt der Rest des Regenwaldes abgeholzt, und damit auch langfristig das Hollandproblem gelöst."



Der Name Busi Mhlongo ist für mich untrennbar mit einen kleinen Plattenladen verbunden, der sich auf Weltmusik spezialisiert hatte und den ich immer dann, wenn ich etwas Geld über hatte, besuchte.

Weltmusik selber führte nur ein relativ tristes Nischendasein - was aber einige findige Köpfe nicht daran hinderte, sich in dieser Nische auszubreiten und sich dort (relativ) erfolgreich zu behaupten. Mein kleiner Weltmusikladen lebte von Leuten wie mich, die Musik aus Schwarzafrika, dem Maghreb, Süd- oder Mittelamerika oder anderswo aus dieser Welt spannend und klasse fanden, aber keine Ahnung von Bands und Musikrichtungen hatten und auf Hilfe und Tips angewiesen waren. Denn wie sollte man z.B. Bands wie die Bhundu Boys aus Simbabwe oder Cheb Khaled aus Algerien aufmerksam werden, wenn nicht durch Hinweise von Kennern. Und so hatte es der Laden relativ einfach - er kaufte irgendwelche Weltmusikplatten (am Besten natürlich gute!) und empfahl diese CDs dann seinem unwissenden Publikum. Auf diese Weise konnte der kleine Laden den allergrößten Teil seiner eingekauften Platten auch relativ leicht wieder verkaufen.

Doch dann entstanden Weltmusiksender wie Funkhaus Europa oder Radio Multikulti und das vormals unwissende Publikum kam nicht mehr in den Laden, um irgendeine gute afrikanische Platte zu kaufen, sondern eine bestimmte Platte von dem Interpreten, den man gestern im Radio gehört hatte. Und plötzlich war der kleine Laden nicht mehr der geschätzte Tip- und Ratgeber, sondern ein viel zu kleines Geschäft, bei dem man die Sachen, die man haben wollte, umständlich bestellen musste. Hinzu kam, dass die großen Marktketten wie Saturn plötzlich die gesteigerte Nachfrage auf das Genre Weltmusik erkannten und plötzlich Konkurrenz für den kleinen Plattenladen wurden. In der Folge gingen immer mehr Kunden immer öfter direkt in die großen Läden, weil sie dort die gesuchte Platte sofort und billiger bekamen. Und irgendwann stand im Fenster des kleinen Plattenladens nur noch das Schild "Zu Vermieten"......

Eine der Platten, die mir damals in dem Laden empfohlen wurden, war Urbanzulu von Busi Mhlongo - und für diesen Tipp bin ich den Leuten immer noch dankbar. Denn afrikanische Musik war damals überwiegend entweder traditionell oder eine den westlichen Hörgewohnheiten angepasste afrikanische Popmusik - ich erinnere nur an "Seven Seconds" von Youssou N'Dour oder Yeke Yeke von Mory Kante. Doch Urbanzulu war anders - beim Hören hatte man nicht das Gefühl, das mit der CD der europäische Markt erobert werden sollte - sondern das war eine Platte, die einen tiefen und spannenden Einblick in die urbane südafrikanische Musikszene bot. Und das in einer Phase, in der sich diese Szene grundlegend veränderte, denn mit dem Kwaito entwickelte sich ein völlig neues landesspezifisches Genre. Deshalb ist der Kwaito auch eine der musikalischen Zutaten, die das spezifische von Urbanzulu ausmachen, doch Busi Mhlongo verband diese Rhythmen mit anderen musikalische Ingridenzien wie einer Prise Jazz oder traditionell angehauchtem Zulu-Gesang. Das Ergebnis war eine Platte, welche einzigartig, spannend und großartig war.

Leider habe ich danach nie wieder etwas von Busi Mhlongo gehört. Ich wusste, dass noch zwei weitere Platten existieren (die ich aber nie gehört habe) und dass sich Busi Mhlongo später aufgrund einer Krankheit zurückgezogen hatte. Umso größer die Überraschung und Freude, als ich las, dass sie im Mai beim Afrika-Festival in Würzburg spielen sollte. Das machte Hoffnung auf eine Genesung und mögliche Rückkehr ins Musikgeschäft.

Doch leider ist es zu dem Auftritt nicht mehr gekommen und vor zwei Wochen ist Busi Mhlongo an den Folgen ihrer Erkrankung verstorben. Man wird ihre Stimme vermissen......





Donnerstag, 1. Juli 2010
Mit seiner neuen CD "Dakar-Kingston" wagt Senegals Superstar Youssou N'Dour einen Ausflug in das Reggaegenre auf den Spuren des großen Bob Marley.
Ich versuche nun schon seit 2 Stunden, irgendwas über die Platte zu schreiben - angesichts des fortgeschrittenen Abends verschiebe ich diese Aufgabe aber besser auf den morgigen Tag.

Bereits heute will ich aber darauf hinweisen, dass Youssou N'Dour auch auf dem Würzburger Afrika-Festival aufgetreten ist - und das dieses Konzert von meinem Lieblingssender arte aufgezeichnet wurde. Die erste Ausstrahlung ist leider bereits Geschichte (17.06.), aber diesen Freitag um 1.50 Uhr wird die Aufzeichnung noch einmal wiederholt.

Aber leider ist 1.50 Uhr auch nicht unbedingt die Zeit, zu der man im Normalfall folgenlos eine 70 minütige Konzertaufzeichnung ansehen kann - zumindest dann nicht, wenn am nächsten Morgen gegen 6 Uhr der Wecker klingelt. Insofern bin ich froh, dass ich auf der offiziellen Homepage von Youssou N'Dour den kompletten Stream des Konzerts gefunden habe. Und bei aller Kritik, die ich in den vergangenen zwei Stunden vergeblich versucht habe zu formulieren - Live ist der Mann immer noch eine Klasse für sich......

Foto:jbach auf flickr