Sonntag, 27. Juni 2010
I'm back. Drei Wochen Frankreich mit vielen neuen Eindrücken - und einem "alten" Lied, welches mein persönlicher Soundtrack der vergangenen 21 Tage geworden ist.

Als Beirut vor einigen Jahren ihre zweite CD "The Flying Club Cup" herausbrachte, erklärte Zach Condon, dass diese Platte eine Hommage an Jacques Brel und das alte Frankreich sei. Nicht nur ich fand die CD an sich großartig, den Versuch, die Songs aber mit französischem Flair zu verbinden, aber ziemlich aufgesetzt.

Inzwischen sehe ich die Sache etwas anders. Denn gerade "Sunday Smiles", aber auch das nicht minder schöne "Nantes" sind Lieder, die sich in der Provence, im Languedoc, im Vercors oder in den Cebennen ganz anders anhören als in Leverkusen, Düren oder Oer-Erkenschwick. Nicht, dass sie dort schlecht klingen, aber man hat schon das Gefühl, dass die beiden Lieder im Süden unseres Nachbarlandes gewissermaßen eher zu Hause sind. Sie treffen einmalig ind ideal die Töne, die es braucht, um dieses spezielle Mischung aus Licht, Luft und Geruch akustisch zu untermalen.

Ich konnte machen, was ich wollte - immer wieder kam mir eines der beiden Lieder in den Sinn und mehr als einmal wunderten sich entgegenkommende oder überholende Cabriofahrer über diesen merkwürdigen Fahrradfahrer, der da aus voller Brust und mit viel Pathos undefinierbares Zeug in die wunderschöne Gegend schmetterte.

Im hier gezeigten Video spielt Beirut gewissermaßen die Rohfassung von Sunday Smile - die Version auf der CD ist noch ein wenig ausgefeilter. Mangels schönem Video beschränke ich mich aber auf diese Version.




Samstag, 5. Juni 2010
Wenn ich hier und heute das Video zum Wochenende ein Werk der Gruppe Kraftwerk ausgesucht habe, dann hat das natürlich einen tiefern Grund, denn so dolle fand ich die Gruppe nie - auch wenn ich gerne eingestehe, dass viele Stücke sehr inspirierend auf nachfolgende auch von mir sehr geschätzte Musikergenerationen gewirkt haben.

Aber der eigentliche Grund ist weit profaner - und auch angenehmer für mich: Ich verabschiede mich für drei Wochen von diesem Blog, da meine ganz persönliche Tour de France ansteht. Zwar bei weitem nicht so ausgedehnt wie die auf dem Video zu sehenden Kollegen - aber ich hoffe doch, sowohl unter landschaftlichen als auch sportlichen Gesichtspunkten auf das eine oder andere Aha-Erlebnis.

Ich habe in jedem Fall den mp3-Player randvoll mit nagelneuen und nicht ganz so neuen Platten vollgepackt - und hoffe, während der lauen Abenden auch die Zeit und Muße zu finden, ein paar knackige Rezensionen zu schreiben.


Wir werden sehen.......




Mittwoch, 2. Juni 2010
Ich weiß, dass ich mal wieder viel zu spät bin - aber am Wochenende war anfangs kein Gedanke daran zu verschwenden, irgendwann mal ein Viertelstündchen (welches sich dann in aller Regel in eine volle Stunde wandelt) abzuzweigen, um in aller Ruhe einen Blogeintrag vorzubereiten.

Am Sonntag wäre Zeit gewesen, doch leider entwickelte sich Samstag Abend ein gemütliches Abendessen in eine endlose alkoholgeschwängerte Diskussionsorgie, dass es mir am Sonntagvormittag so schlecht wie noch nie in diesem Jahrtausend ging. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich in der jüngeren Vergangenheit meinen eh schon nicht sonderlich hohen Alkoholkonsum fast auf Null zurückgefahren habe - und dann solche Ausrutscher wie an diesem Abend um so stärker "knallen".

Fazit ist, dass ich den gesamten Sonntag liegend auf der Couch verbracht habe. Mein Kreislauf war im Keller und ich wohne im Dachgeschoss - wir fanden an dem Tag einfach nicht zusammen....
In diesem zustand fiel mir nichts sinnvolleres ein, als alle Grappaproduzenten Italiens zu verfluchen und währenddessen das Vor- und Nachmittagsprogramm der verschiedenen Fernsehanstalten zu begutachten - was aber leider aber kein sonderliches Vergnügen war. Hängengeblieben bin ich schließlich bei einem jener an sich grässlichen deutschen Spielfilme der 60er Jahre, in denen eine Moral verkauft wird, die heutzutage nur schwer zu ertragen ist. Aber jede Zeit hat ihre Irrungen - für Menschen mit meiner Sozialisation (ich nenne nur Slime - "Deutschland muss sterben, damit wir leben können") ist es auch nur schwer zu ertragen, wenn die deutsche Siegerin eines unterklassigen Schlagerevents bei ihrer Heimkehr von zwanzigtausend begeisterten fähnchenschwingenden Landsleuten begrüßt wird. Aber ich schweife ab, denn zu Betrachtungen über diese Phänomene habe ich in den nächsten Wochen wahrscheinlich noch sattsam Gelegenheit.....

Dennoch ist mein heutiges "Video zum Wochen???" als eine Hommage an die damaligen Zeiten zu verstehen. Denn irgendwie ist es schon faszinierend zu sehen, wie man damals versucht hat, Jugendbewegungen aufzugreifen und in die damals gültigen Normen und Werte zu integrieren. Man sehe sich beispielsweise die Spielfilme mit Peter Kraus oder Peter Alexander an, die häufig genug vorgaben, wie rebellisch Jugend sein darf und wie sie bei aller Rebellion wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückfindet. Dumm nur, wenn dann in den 68ern die rebellische Jugend gar nicht mehr in die Mitte zurückwollte.....

Da es sich hier um einen Weltmusikblog handelt, gibt es natürlich keine Bilder von Peter Kraus, sondern von den Los Rebeldes del Rock, einer mexikanischen Rock n'Roll Band aus den 60ern. Leider habe ich nicht herausfinden können, zu welchem Spielfilm die gezeigte Szene gehört - was aber auch ziemlich egal ist, denn wahrscheinlich ist in jedem Land der Erde, welches damals Filme produziert hat, ein Film mit ähnlicher Handlung und ähnlichen Protagonisten gedreht worden. Aber nicht jedes Land hatte Bands, die den Rock 'n Roll so gut spielen konnten....




Donnerstag, 27. Mai 2010
Zurück zu Louise Attaque: Auch wenn die Band seit längerem inaktiv ist, taucht ihr Name in der jüngeren Vergangenheit doch recht häufig in diversen, sich mit Musik beschäftigenden Publikationen auf. Grund dafür ist das Wirken des Sängers Gaetan Roussel, der neben einigen Kollaborationen mit anderen französischsprachigen Musikern vor wenigen Wochen seine erste Soloplatte namens "Ginger" herausgebracht hat.

Manchmal ist es ja nur schwer nachzuvollziehen, warum ein bestimmter Interpret jetzt unbedingt neben seiner Bandarbeit auch noch ein Soloprojekt auf den Markt bringen muss, nur weil er unbedingt glaubt, Solo seine eigenen Ideen besser umsetzen zu können.
Diesen Vorwurf kann man Gaetan Roussel nicht machen. Ginger ist ein wildes Sammelsurium von verschiedenen Sprachen, Sounds und Rhythmen, welches mit dem musikalischen Stil von louise Attaque nichts gemeinsam hat. Die Bandbreite ist gewaltig und schwer zu beschreiben. Musik, die an amerikanische Roadmovies erinnert, überladener Bombastrock, rhythmusgeprägter Pop, Chanson und vieles mehr ist auf der Platte zu hören. Doch diese Vielseitigkeit ist gleichzeitig auch das Problem des Albums. Manchmal wirkt die Platte so, als wolle Gaetan Roussel all das, was ihm musikalisch im Kopf rumspukt und was er bisher nicht in seinen Bands hat einbringen können, jetzt in diesem Album verarbeiten will. So entstand ein Album, welches eher an einen bunten Gemischtwarenladen erinnert als an eine homogene und in sich stimmige Produktion.

Doch so schlecht ist die Platte gar nicht. Da ist zum einen die einzigartige Stimme Gaetan Roussels, die die unterschiedlichen Stilrichtungen wie eine Klammer zusammenfasst und dann doch eine gewisse Einheitlichkeit geben. Und es sind Songs wie die aktuelle Singleauskoppelung "Help myself", die sich nach anfänglicher Irritation über den ungewohnten Stil irgendwann einen gewissen Groove kriegen und sich unauslöschlich in die hinteren Hirnwindungen eingraben.

Mit "Ginger" ist Gaetan Roussel sicherlich nicht der geniale Wurf gelungen. Aber die CD enthält einige Songs, die ein häufigeres Hören durchaus verdienen....

Gaetan Roussel Homepage