Montag, 9. Juni 2008
Am Anfang jeden Monats werden die World Music Charts Europe hier veröffentlicht. Über 50 DJs verschiedener Radiostationen in ganz Europa wä;hlen ihre aktuellen Favoriten. Hier wie immer eine kurze Vorstellung der Top 3 des Monats Juni und anderer interessanter Trends, die sich vielleicht aus den Charts herauslesen lassen....

1.Umalali von THE GARIFUNA WOMEN'S PROJECT
Mir ist immer noch nicht klar, warum diese Platte so herausragend sein soll, dass sie es jetzt sogar auf den Spitzenplatz geschafft hat. Zwar haben die auf myspace zu hörenden Stücke durchaus ihre Qualität, aber sie sind meines Erachtens doch zu offensichtlich Kopien des erfolgreichen Schaffens von Andy Palacio und seinem Album "Watina".


2.3MA von Projet 3MA
Letzten Monat habe ich richtigerweise vorausgesagt, dass die CD des afrikanischen Projekts auch im Juni in den Top 3 der World Music Charts vertreten sein wird. Getäuscht habe ich mich aber mit der Vermutung, dass dann auch diverse Tonbeispiele im Netz zu hören sein werden. Ich weiß daher immer noch nichts über die Musik des Trios - vielleicht dann im Juli......


3. MALDITO TANGO von Melingo
Ich bin ja alles andere als ein Tangokenner, insofern fehlt mir einiges an Wissen, um diese Platte ausreichend würdigen zu könne. Aber soviel kann ich sagen: Mir gefällt die Vorgängerplatte "Santa Milonga" wesentlich besser auch wenn das neue Werk durchaus seine Stärken hat. Insbesondere die raue und ausdrucksstarke Stimme von Daniel Melingo geben der Platte eine unverwechselbare Note. Ob mich die Platte so richtig wird fesseln können, wage ich aber zu bezweifeln, dafür stehe ich einfach zu sehr auf härtere Rhythmen......

Neben der spannenden Platte der Chinesin Sa Ding Ding (muss ich mir unbedingt besorgen) sind afrikanische Platten wieder einmal besonders angesagt. Das renommierte Sterns Label wildert weiter in den Archiven der früheren staatlichen Plattenschmiede "Silyphone" aus Guinea und bringt nach einer Werkschau über Bembeya Jazz National jetzt eine Zusammenstellung mit Balla et Ses Balladins - keine Ahnung, wie das klingt.

Interessant klingt dagegen die Zusammenstellung "African Scream Contest Raw & Psychedelic Afro Sounds from Benin & Togo 70s" - auch wenn mir die Zusammenstellungen mit immer exotischeren Titeln (wie z.B. die kürzlich erschienenen "Nigeria Disco Funk Special 197479" und "Nigeria Special 197076") langsam auf den Wecker gehen - die Lieder auf der Platte haben ihren Charme und sind durchaus anzuhören....

Ganz und gar überflüssig finde ich dagegen die Compilation "In the name of love- Africa celebrates U2". Musikalisch mag das ja noch durchaus ansprechend sein - so unerträglich empfinde ich die Pressetexte, in denen man lesen kann, dass sich hier führende afrikanische Musiker bei Bono und seiner Band für das jahrzehntelange Engagement für den schwarzen Kontinent bedanken wollen. Bei so einer PR wird mir schlecht.........

Es folgt der Juli und das Sommerloch........



Sonntag, 8. Juni 2008
hier wieder 10 Alben, die mich durch den Mai gebracht haben (zufällige Reihenfolge):

1. Watcha Clan - Diaspora Hi-Fi
2. Rupa & the April Fishes - eXtraOrdinary Rendition
3. Motivès - Motivès Live
4. V.A. - BalkanBeats Vol.3
5. Sud Sound System - Dammena Ancora
6. Ma Valise - Maya Ye
7. Ma Valise - Bon Bagay!
8. The Dynamics - Version Excursions
9. Stefano Miele - Glocalizm
10.Famara - Double culture



Samstag, 7. Juni 2008
Da ich nicht weiß, ob ich es schaffe, zu der Platte eine ausführlichere Rezension zu schreiben, hier schon einmal ein Appetizer.

Rupa & the April Fishes ist für mich die Entdeckung des Sommers. Eine polyglotte indischstämmige Amerikanerin, die in vielen musikalischen Stilen zu Hause ist und diesen Mischmasch gelungen in ein wundervolles Album eingespielt hat. Da wechseln sich Balkantöne mit TexMex, Chanson mit Folk und vielem mehr - und über allem die unaufgeregte Stimme von Rupa Marya und die eigenwillige Instrumentierung ihrer April Fishes.

Mehr dann hoffenltich in der bald folgenden Rezension.....





Mittwoch, 4. Juni 2008
Samstag abend im Odonien in Köln:

Das Odonien ist ein weiträumiges Gelände in Köln, welches von dem Bildhauer Odo Rumpf und anderen Künstlern genutzt wird, um Schrottskulpturen zu fertigen. In letzter Zeit wird dieses Gelände zunehmend auch als Konzertlocation genutzt - so fand hier z.B. im letzten Jahr die Jubiläumsausgabe des SOMA-Festivals statt.



Für mich als war das Konzert mit Watcha Clan die Premiere im Odonien, und ich war mächtig beeindruckt. Viele Skulpturen und unzähliges Rohmaterial vermitteln ein ziemliches Chaos und erzeugen eine völlig andere Atmosphäre als in den gewöhnlichen Konzertstätten wie Underground oder Stadtgarten - wie die Veranstalter es in dieser bürokratisierten Welt aber geschafft haben, hier Konzerte stattfinden zu lassen, ist mir ein Rätsel.

Watcha Clan spielte in einem kleinen länglichen halboffenen Raum vor ca. 150 Leuten. Die Band bestand in Köln aus dem Bassisten Matt La Basse, dem Sample-Spezialisten Supreme Clam und der Sängerin Sista Ka. Im Vergleich zum Auftritt vor einigen Jahren im Gebäude 9 hat sich das Gesicht der Band grundlegend gewandelt - und ist doch irgendwie gleich geblieben. Denn Watcha Clan ist zuallererst verbunden mit Sista Ka, so wichtig die Einflüsse der anderen Musiker auch sein mögen.

Ihre Art zu singen, aber insbesondere ihre Bühnenpräsenz ist schon ziemlich faszinierend. Insbesondere, wenn sie wild auf der Bühne wie ein alles um sich herum vergessender weiblicher Derwisch tanzt, hat man das Gefühl, dass sie sich eigentlich nur ungern zurück zum Mikrophon begeben will. Dabei beherrscht sie die unterschiedlichsten Arten zu singen perfekt - mal fast opernmäßig getrillert, dann wieder hart und schnell gekrächzt - das Spektrum ihrer Gesangs ist groß und ergänzt perfekt die treibenden Beats der Samples.

Die Stücke sind größtenteils von der letzten CD Diaspora-Hifi - nur wenige Songs der "alten" Band haben es in das neue Programm geschafft. Das ist einerseits schade, denn auch die ersten beiden CDs sind wirklich gut - andererseits hat sich die Band ziemlich weiterentwickelt und in dem ekstatischen Soundfeuerwerk wirken die älteren Songs doch etwas bieder. Gerade live hat die Musik etwas von Weltmusik-Techno - druckvolle Beats aus dem Computer gepaart mit traditionellen, meist orientalischen Melodien. Lediglich ihr Hit "Balkan Goulou" kommt mit Akkordeon und nur dezentem Maschineneinsatz vergleichsweise folkloristisch rüber.

Insgesamt ein hochspannendes Konzert, bei dem ich mir etwas mehr handgemachte Musik gewünscht hätte. Denn bei allem Respekt vor den Samplekünsten - manchmal kommt man sich dann doch ein wenig verarscht vor, wenn die Stimme aus dem Lautsprecher eindeutig von keinem der auf der Bühne stehenden Musiker kommen kann, der Bassist aber trotzdem brav die Lippen bewegt oder wenn man vermutet, dass Teile des Gesangs von Sista Ka womöglich auch vom Compter kommen - allerdings habe ich schon wesentlich schlimmere Auswüchse der Soundcomputerspezialisten gesehen. Viel trauriger fand ich, dass das Konzert nach nicht einmal 90 Minuten bereits wieder zu Ende war - ich hätte gerne noch mehr von Watcha Clan gesehen und gehört.

Foto: Raimond Spekking auf wikipedia